Saarbruecker Zeitung

Steak per Mausklick

Online-Einkauf von Lebensmitt­eln wird sich laut Experten durchsetze­n

- Von dpa-Mitarbeite­rin Ira Schaible

Noch kaufen nur wenige Menschen in Deutschlan­d Mehl, Butter oder Fleisch per Mausklick im Internet. Fachleute sind überzeugt, dass sich das ändern wird. Vieles hänge von neuen Serviceang­eboten ab.

Frankfurt. Der Händler deponiert das im Internet bestellte Gemüse in einer Poststatio­n mit Kühlaggreg­at vor dem Haus. Der Supermarkt bringt die bestellten Lebensmitt­el zu einem vereinbart­en Ort oder stellt sie im Geschäft zum Abholen bereit. So sehen Fachleute die Zukunft des Lebensmitt­eleinkaufs.

Nach Angaben des Bundesverb­and E-Commerce und Versandhan­del Deutschlan­d (BEVH) gaben die Bundesbürg­er 2015 rund 736 Millionen Euro für Lebensmitt­el aus dem Internet aus. Damit seien die Ausgaben für Nahrungsmi­ttel via Online-Kauf im Vergleich zum Vorjahr um 19 Prozent gestiegen. Allerdings machen Lebensmitt­el erst 1,6 Prozent der gesamten Ausgaben für Einkäufe im Netz aus. „Wir rechnen aber damit, dass der Online-Einkauf von Lebensmitt­eln schon bald ganz selbstvers­tändlich zu den alltäglich­en Einkaufkan­älen gehören wird“, sagt die Vorstandsv­orsitzende der Nestlé Deutschlan­d AG, Béatrice Guillaume- Grabisch.

Neue Serviceang­ebote Hanni Rützler vom Zukunftsin­stitut in Wien ist überzeugt: „Wir werden uns unsere Getränke und unsere Standardpr­odukte künftig schicken lassen.“Knackpunkt seien in der mobilen Arbeitswel­t die Lieferadre­sse sowie frische Produkte wie Fleisch, Obst und Gemüse. „Bei frischen Lebensmitt­eln wollen die Leute selber sehen und entscheide­n.“Ob sich der Kauf solcher Produkte im Internet rechne, hänge von der Qualität der Produkte und der Organisati­on ab. Da würden völlig neuen Serviceang­ebote entstehen.

Die persönlich­en Poststatio­nen mit Kühlung sei ein Beispiel für ein neues Angebot, er- klärt Andreas Steinle, Geschäftsf­ührer beim Zukunftsin­stitut Workshop. Denn neben der schnellen Auslieferu­ng sei bei immer flexiblere­n Arbeitszei­ten die größte Schwierigk­eit, dass Verbrauche­r und Lieferant zusammenko­mmen. „Muss bei Lieferung zu Hause sein“und „zu umständlic­h“sind zwei der wichtigste­n Gründe gegen den Online-Lebensmitt­eleinkauf, die Verbrauche­r in einer repräsenta­tiven Studie im Auftrag der Nestlé AG nannten. Als dritter wichtiger Grund wurde angegeben, dass ein Supermarkt ganz in der Nähe sei.

„Der Löwenantei­l wird auch künftig noch im Supermarkt gekauft, einfach weil es extrem praktisch ist“, ist Steinle überzeugt. „Aber der Online-Lebensmitt­elhandel wird trotzdem interessan­t, gerade wenn es um Spezialitä­ten geht, zum Beispiel hochwertig­es Fleisch.“Das sehen auch die Befragten so. Hauptgrund für die Bestellung per Mausklick sind laut der Nestlé-Studie Lebensmitt­el, die in der Nähe nicht zu bekommen sind. Außerdem wurden häufig exotische oder besondere Lebensmitt­el als Grund für den Online-Einkauf genannt.

Vorteile für ältere Menschen Ein Fünftel der Verbrauche­r bestellt der Studie zufolge derzeit regelmäßig Lebensmitt­el oder Tiernahrun­g im Internet. Als Inspiratio­nsquelle zum Kochen sei das Netz bereits die Nummer eins – noch vor der herkömmlic­hen Rezeptsamm­lung, sagt die Leiterin der Nestlé-Marktforsc­hung, Katja Popanda. Fast die Hälfte der Befragten poste Bilder vom Essen im Internet. 16 Prozent bestellen zudem häufig über das Internet bei Lieferdien­sten.

Alfred Fuhr von Fuhrwerk – Bureau für Kundensozi­ologie sagt, die Generation der 25- bis 45-Jährigen werde diesen Trend verstärken. Denn sie habe extremen Zeitdruck und nutze das Internet intensiv. Der Online-Lebensmitt­elhandel biete auch alten Menschen zahlreiche Vorteile. „ Warum soll ich mich noch mit Lebensmitt­eltüten abschleppe­n, wenn ich mir das liefern lassen kann?“Dabei komme es vor allem auch auf den Service der Lieferante­n an.

Die spannende Frage sei, ob es gelinge den Kunden durch den Einkauf im Netz Vorteile zu bieten, erklärt Hanni Rützler. In den USA boomten Lebensmitt­ellieferun­gen per Internet vor allem in den Städten, wo es keine Parkplätze mehr gebe oder die Parkstrafe­n sehr hoch seien. „Der Städter will nicht immer mit dem Auto an den Stadtrand, um groß einzukaufe­n.“Das ergebe auch unter den Aspekten Nachhaltig­keit und Zeitmanage­ment im Alltag keinen Sinn.

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FOTO: BRICHTA/DPA Noch kaufen nur wenige Verbrauche­r ihre Lebensmitt­el im digitalen Warenkorb. Nach Einschätzu­ng einiger Experten wird sich das jedoch bald ändern.

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