Der Weg ins Nichts
Neu im Kino: „Dorf der verlorenen Jugend“von Jeppe Rønde – Starker Thriller über Selbstmorde in Wales
„Zoolander 2“von Ben Stiller (USA 2016, 102 Min.) ist die Fortsetzung der Modewelt-Parodie um zwei einst verfeindete männliche Supermodels, die sich nach eineinhalb Jahrzehnten erneut verführen lassen, in einer HauteCouture-Show aufzutreten. „Die knallbunte, rasant inszenierte Persiflage überspannt den Bogen aus satirischen Spitzen und zahllosen Cameo-Auftritten von Stars der Mode-, Musik- und Filmwelt“(filmdienst).
„The Boy“von William Brent Bell (USA 2016, 97 Min.) erzählt von einer jungen US-Amerikanerin, die in der englischen Provinz einen Job als Kindermädchen annimmt. Der Achtjährige, den es zu betreuen gilt, erweist sich als lebensgroße Porzellanfigur, in der der Geist des toten Sohnes lebendig sein soll. Der zunächst gut erzählte Film scheitert spektakulär, so der filmdienst, „als die Dramaturgie im Finale eine radikale Wende nimmt, um eventuelle Fortsetzungen zu ermöglichen.“red
Will Smith als Arzt. Bridgend ist eine Stadt und ein Verwaltungsbezirk an der Südküste von Wales. In der ehemaligen Bergbaugegend wurden zwischen Dezember 2007 und Januar 2012 nach offiziellen Zahlen 79 Selbstmorde begangen. Die meisten Opfer waren Teenager, die sich ohne Abschiedsbrief erhängt haben.
Der Kinofilm „Bridgend“, deutscher Titel: „Dorf der verlorenen Jugend“, basiert auf dieser mysteriösen Selbstmordwelle, die bis heute Rätsel aufgibt. Der dänische Dokumentarfilmer Jeppe Rønde hat die Jugendlichen aus der Gegend sechs Jahre lang begleitet, sein Drehbuch basiert auf ihren Erzählungen. „Bridgend“ist Røndes Spielfilmdebüt. Es ist komplett an Originalschauplätzen gedreht und zum Teil mit Jugendlichen aus dem Ort besetzt.
Im Mittelpunkt der Geschichte steht die junge Sara (Hannah Murray). Sie zieht mit ihrem Vater in die Kleinstadt, weil der als neuer Polizeichef die Sache mit den Suiziden untersuchen soll. Sara gerät schon bald an eine Gruppe von Jugendlichen, die im Wald, an einer Staustufe und vor einem Ei- senbahntunnel geheimnisvollen, rituellen Handlungen nachgeht. Sara ist von dem Treiben der Jugendlichen zunächst befremdet, doch dann verliebt sie sich in einen der Jungen und gerät immer mehr in den Sog der Teenager- Gruppe.
Der Film von Jeppe Rønde packt einen von der ersten Einstellung an und lässt einem bis zum Ende nicht mehr los. Von Gras und Hecken überwucherte Schienen sind im ersten Bild zu sehen. Die Gleise führen auf einen düsteren Wald zu, ver- Hannah Murray, bekannt aus „Games of Thrones“, überzeugt in der Rolle der jungen Sara. schwinden in einem dunklen Loch. Dazu raunen unheilvolle Klänge, die von dem französischen Elektromusiker Mondkopf alias Paul Régimbeau stammen. Die Farben in „Dorf der verlorenen Jugend“sind stark entsättigt, die bedrohliche Natur beherrscht alles, oft ist es dunkel, es regnet oder Nebel wabert über der Landschaft und drückt auf die kleinen Reihenhäusern mit den engen Wohnungen. Die Erwachsenen und die Jugendlichen haben sich auseinander gelebt, verstehen sich nicht mehr. Mit gnadenloser Konsequenz erzählt Jeppe Rønde von dieser Entfremdung, von der Hilflosigkeit angesichts der Selbstmorde, von Gruppendynamik und der nackten Angst. Er nimmt meist die Perspektive der Jugendlichen ein, sucht nicht nach einfachen Antworten. So bleibt vieles offen, was dem Film eine große Kraft und Intensität verleiht.
Dänemark/GB 2015, 104 Min., Filmhaus (Sb); Regie: Jeppe Rønde; Buch: Ronde, Torben Bech, Peter Asmussen; Kamera: Magnus Jonck; Musik: Mondkopf; Darsteller: Hannah Murray, Josh O’Connor, Adrian Rawlins, Patricia Potter.