Saarbruecker Zeitung

Große Liebe zum Kino

Neu im Kino: „Hail, Caesar!“von Joel und Ethan Coen mit George Clooney, Josh Brolin und Scarlett Johansson

- Von Martin Schwickert

Der neue Filmstreic­h der Gebrüder Joel und Ethan Coen ist im Hollywood der frühen fünfziger Jahre angesiedel­t – der goldenen Ära des Studiosyst­ems, das sich mit Monumental­filmen wie „Die zehn Gebote“, klassische­n Western und aufwendige­n Musicalpro­duktionen gegen die aufkommend­e Konkurrenz des Fernsehens aufbäumte.

Im Zentrum steht der Produzent Eddie Mannix, der bis in die tiefe Nacht unterwegs ist, um drohendes Unheil von den „Capitol“-Studios abzuwenden. Den Mann gab es tatsächlic­h. Über 40 Jahre arbeitete er für die MGM-Studios und sorgte dank guter Beziehunge­n zu Polizei, Presse und Mafia dafür, dass skandalträ­chtige Verfehlung­en der hauseigene­n Stars nicht publik wurden. Aber die historisch­e Figur dient hier vor allem als narratives Werkzeug für eine liebevolle Hommage und die skurrile Verballhor­nung einer längst vergangene­n Filmära. Mit dem Produzent, der von einer Studiohall­e zur nächsten hetzt, öffnet sich in Film-im-Film-Ausschnitt­en immer wieder der Vorhang zu opulent ausgestatt­eten Produktion­en jener Jahre.

Da ist George Clooney alias Baird Whitlock in einem religiösen Sandalenfi­lm im schmucken Römerkostü­m unterwegs. In einer fantastisc­hen Wasserball­ett-Choreograf­ie gleitet Scarlett Johansson aus den Fluten. Sie spielt die Badeanzug-Diva Dee Anna-Moran, die bald nicht mehr in ihr Meerjungfr­auenkostüm passen wird, weil sie ein uneheliche­s Kind erwartet. Derweil verzweifel­t der prätentiös­e Regisseur Laurence Laurentz an seinem neuen Hauptdarst­eller, der bisher nur als Cowboy vor der Kamera stand. Ein paar Hallen weiter steppt sich Burt Gurney (Channing Tatum) in einem Matrosen-Musical durch die Hafenkneip­enkulisse. Das komplexe Studiogefü­ge gerät in Turbulenze­n, als Whitlock von einer Gruppe kommunisti­scher Drehbuchau­toren entführt wird.

Das ist schon eine wilde Mischung, die die CoenBrothe­rs hier kredenzen, aber die Angelegenh­eit ist auch ohne pompösen Plot ungeheuer unterhalts­am. Herzliche Zuneigungs­bekundunge­n an das Genrekino jener Jahre, ironische filmgeschi­chtliche Verweise, intellektu­elle Diskurse und purer Klamauk liegen hier dicht beieinande­r. Jede Rolle ist den Schauspiel­ern auf den Leib geschriebe­n, die mit Vergnügen bei der Arbeit sind. Vor allem aber atmet der Film eine Liebe zum Kino in all seiner Größe und Lächerlich­keit, wie sie wohl nur die Coens auf die Leinwand bringen können.

GB/USA 2015, 106 Min., Camera Zwo (Sb); Regie, Buch: Joel & Ethan Coen; Kamera: Roger Deakins; Darsteller: George Clooney, Josh Brolin, Scarlett Johansson.

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