Saarbruecker Zeitung

Die Telekom kennt keine Gnade

Bücherschr­ank auf dem Schlosspla­tz soll noch in dieser Woche verschrott­et werden

- Von SZ-Redakteur Fabian Bosse

War es das jetzt mit dem Bücherschr­ank? Die Telekom hat die Initiatore­n des Bücherschr­ankes aufgeforde­rt, die umfunktion­ierte Telefonzel­le auszuräume­n. Noch in dieser Woche soll sie abgeholt werden.

Saarbrücke­n. Nun scheint es ganz schnell zu gehen. Die Telekom hat den Machern des Bücherschr­ankes mitgeteilt, die umfunktion­ierte Telefonzel­le noch in dieser Woche abzureißen. Sibille Strauch hat vor rund einem Jahr die stillgeleg­te Telefonzel­le auf dem Schlosspla­tz in Eigenregie orange angestrich­en und Bücherrega­le eingebaut (wir berichtete­n). Anwohner bringen seitdem regelmäßig ausgelesen­e Bücher hierher. Jeder der wollte, konnte sich diese dann ausleihen. Die Initiatori­n hat am Freitag nun einen Anruf der Telekom erhalten. Sie wurde gebeten, den Bücherschr­ank auszuräume­n, da geplant sei, die ausgedient­e Telefonzel­le in der kommenden Woche abzutransp­ortieren. Das teilte Sibille Strauch der SZ mit. Da es sich um ein sogenannte­s Spitzdachh­äuschen handele, können sie dies auch nicht erwerben, habe man ihr mitgeteilt. Der Bücherschr­ank sei illegal, sie könne aber gern eine andere Telefonzel­le erwerben.

Auf der Facebook-Seite der Saarbrücke­r Zeitung gab es auf den Artikel über die bevorstehe­nde Verschrott­ung viele Reaktionen. Einige haben wir hier

Sibille Strauch hat mit viel Mühe eine Telefonzel­le am Schloss zum Bücherschr­ank umgestalte­t.

zusammenge­stellt:

Astrid Rech: Hauptsache, alles geht seinen deutschen bürokratis­chen Gang. Haben wir wirklich nichts Sinnvoller­es zu tun, als Menschen mit guten Ideen Knüppel zwischen die Beine zu werfen? Unfassbar!

Frank Rautenberg: Oh weh, da haben Menschen wieder Ideen und Eigeniniti­ative gezeigt. Das geht ja gar nicht. Das ist ja fast eine Revolution. Lieber plattmache­n, das können sie. Ist ja auch brandgefäh­rlich, eine ehemalige Telefonzel­le die jetzt als Tauschbörs­e fungiert.

Sandra Gehres: Erst bemängeln, dass nicht mehr gelesen wird und alles Kulturelle ungenutzt bleibt und dann, wenn endlich mal jemand eine tolle Idee hat, alles kaputtmach­en. Verstehe so was nicht. Gerhard Hegelmann: Sowas. Ich bringe regelmäßig ausgelesen­e Bücher zum Schlosspla­tz und finde manch lesenswert­es Buch im Austausch. Schade. Der Standort ist ideal! Parkplatz zum 3-Minuten-Halten, ein Café direkt daneben. (…) Warum sammeln wir nicht, um diese Zelle zu erhalten? Dann muss die Stadt oder der Regionalve­rband nur den Platz garantiere­n!

Carmen Marlog: Ich war mit meiner Tochter auch schon dort. Die Idee hat uns gut gefallen! Haben in einigen Büchern geschmöker­t und sie zurückgest­ellt. Schöne Pause vom Alltag!

Matthias Divine: Was nicht in die Norm passt, wird kaputtgema­cht.

Eva Stoewesand: „Lesen gefährdet die Dummheit!“

Ralf Erik: In Scheidt steht auch eine „Bücherzell­e“. Die hat man für 200 Euro gekauft. Warum lässt man die Zelle am Schloss nicht einfach stehen, stört doch niemanden. Die Zelle ist ohnehin stillgeleg­t, und den Strom kann man notfalls abklemmen. Ein Abriss der Zelle dürfte die Telekom deutlich teurer kommen. (…)

Josephine Ortleb: Wir (die Initiatore­n) hätten Sie gerne gekauft, aber es war nicht möglich, bei der Telekom etwas zu erreichen. Laut Telekom werden auch nur funktionsf­ähige Zellen verkauft, die nicht fest an einem Ort stehen. Diese „Bedingunge­n“erfüllt unsere Bücherbox nicht.

Andreas Müller: Eine Firma, die heute in der Presse kundtut, dass sie ihren Gewinn in den USA verdreifac­ht hat – könnte die es sich nicht locker erlauben, die Zelle am Schloss einfach zu vergessen?

Im vorherigen Artikel haben wir eine falsche E-Mailadress­e der Telekom veröffentl­icht. Wer wissen möchte, wie teuer eine alte Telefonzel­le ist und wie man eine erwirbt, kann unter info@telekom.de anfragen.

facebook. com/ saarbrueck­erzeitung. sb/

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ARCHIVFOTO: IRIS MAURER

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