Jovial, zielstrebig und ein bisschen ungestüm
Julia Klöckner will im zweiten Anlauf den Sprung in die Mainzer Staatskanzlei schaffen
Sie war Weinkönigin, Chefredakteurin und Staatssekretärin, sie ist Oppositionsführerin und CDUBundesvize: Und bald könnte die rheinland-pfälzische CDU-Chefin Julia Klöckner auch noch zur Ministerpräsidentin gewählt werden. Eine beachtliche Karriere für eine Frau, die eigentlich nicht in die Politik gehen wollte.
Wenn Julia Klöckner aus ihrem Wahlkampfbus steigt, ist kein Umstehender vor dem Händedruck der CDU-Landesvorsitzenden sicher. „Freut mich, guten Tag“, ruft die 43-Jährige beim Stopp in der Vulkaneifel einem neugierig stehen gebliebenen Passanten zu, „geht es Ihnen gut?“, fragt Klöckner einen der artig wartenden örtlichen Honoratioren, den sie zumindest flüchtig zu kennen scheint.
Auf dem Weg in den Veranstaltungsraum grüßt die Wahlkämpferin dann per Handschlag so ziemlich jeden, der ihr zwischen Bus und Podium begegnet. „Klöckner macht den Beck“, meint einer, der sich noch gut an den grüßfreudigen Vorgänger von Ministerpräsidentin Malu Dreyer erinnern kann. Vor 21 Jahren, Julia Klöckner war damals gerade frisch gekürte Deutsche Weinkönigin, fuhr der ebenfalls erst wenige Monate amtierende Regierungschef auf dem Hof der Klöckners in Guldental bei Bad Kreuznach vor, um höchstpersönlich zu gratulieren. Da hatte die 22-jährige Klöckner mit Politik noch wenig am Hut.
Erst im Jahr darauf trat die nach dem Studium zunächst als Religionslehrerin arbeitende Julia Klöckner in die CDU-Jugendorganisation JU ein. Die „Ochsentour“in der Partei blieb der inzwischen als Chefredakteurin des Weinmagazins „Sommelier“arbeitenden jungen Frau erspart, als sie 2001 gefragt wurde, ob sie nicht für den Bundestag kandidieren wolle. Klöckner lehnte zunächst ab, bis sie drei Wochen später noch einmal gefragt wurde. Über einen sicheren Platz auf der CDU-Landesliste zog sie seinerzeit in den Bundestag ein. Als sie 2011 nach Mainz wechselte, war sie Staatssekretärin im Bun- desagrarministerium. Ihr Nachfolger im Ministerium, der Cochemer CDU-Bundestagsabgeordnete Peter Bleser, war maßgeblich daran beteiligt, die taffe Julia Klöckner als neue Spitzenkandidatin der damals noch zerrissenen Partei zurück nach Rheinland-Pfalz zu holen.
Die neue Frontfrau schaffte, was viele kaum für möglich gehalten hatten: Nach und nach wurden die innerparteilichen Grabenkämpfe beendet, und die über zwei Jahrzehnte zerstrittenen Christdemokraten versammelten sich hinter ihrer Spitzenkandidatin. Um ein Haar wäre es Julia Klöckner 2011 schon im ersten Anlauf gelungen, die SPD abzulösen. Am Ende fehlten gerade einmal schlappe 8000 Stimmen. Dieses Mal soll es gelingen. Und die Chance ist da. Aktuell liegt die CDU bei 35 Prozent, wie aus ZDF-„Politbarometer“von gestern Abend hervorgeht, die SPD erreicht 36 Prozent. Das ist auch und vor allem ein Verdienst ihrer Spitzenkandidatin Julia Klöck- ner, die die rot-grüne Landesregierung mit Ministerpräsidentin Malu Dreyer vor sich hertreibt.
Mit ihrer ungestümen, bisweilen burschikosen Art kommt Julia Klöckner an – selbst beim älteren Parteivolk. Bei sämtlichen Wahlen fährt sie regelmäßig ein fast schon sozialistisches Ergebnis ein. Da ist es nicht verwunderlich, dass Julia Klöckner, obwohl noch nicht zur Ministerpräsidentin gewählt, schon als mögliche Nachfolgerin im Kanzleramt gehandelt wird. Das wird sie ehren, auch wenn sie das nie zugeben würde, und zutrauen würde sich Julia Klöckner den Job wohl auch. Aber zunächst einmal hat sie die Staatskanzlei und die Dreyer-Nachfolge im Blick. Es geht bei der Landtagswahl auch für Klöckner um viel, womöglich sogar um alles. Sollte die CDU auch dieses Mal nicht gewinnen, wird aus der christdemokratischen Hoffnungsträgerin schnell eine bittere Enttäuschung. Einen dritten Anlauf wird es für Julia Klöckner nicht geben.