Innenminister billigen EU-Türkei-Pakt
De Maizière will nun alle Fluchtrouten nach Europa dichtmachen
Die Balkanroute ist dicht. Zehntausende Flüchtlinge sitzen fest. Und das Abkommen zwischen EU und Türkei ist noch lange nicht unterschriftsreif.
Brüssel. Thomas de Maizière mochte seine Zufriedenheit nicht verstecken. „Die Flüchtlingsbewegung entlang der Balkanroute hat nun das Ende erreicht“, sagte der Bundesinnenminister, bevor er gestern mit seinen Amtskollegen zusammentraf, um die EU-Türkei-Deal unterschriftsreif zu machen. Die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland betrage inzwischen „weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen im letzten Herbst“, setzte er hinzu. Man arbeite nun daran, dass „das so bleibt“. Deshalb sei es nötig, mögliche Alternativrouten dichtzumachen. Dabei gehe es, so der Minister weiter, beispielsweise um den Weg von Libyen über das Mittelmeer. Auch Albanien rücke ins Blickfeld. Abgesehen von einigen kritischen Anmerkungen waren die meisten Innenressortchefs einverstanden mit den Ergebnissen der Staats- und Regierungschefs – und übrigens einig darin, dass jetzt „zuerst den Menschen in Idomeni geholfen werden muss. Das forderte gestern auch Grünen-Chefin Simone Peter bei einem Besuch in Idomeni: „Wir dürfen die Menschen hier nicht ihrer Not und dem Schlamm überlassen.“
Weiterhin ist aber noch unklar, wie die Rückführung der Flüchtlinge von den grie- chischen Inseln Richtung Türkei wirklich ablaufen soll. Ankaras Europaminister Volkan Bozkir erklärte jedenfalls, die hellenischen Inseln müssten erst „geräumt“werden, so dass die Türkei lediglich die Flüchtlinge zurücknehmen werde, die „ab einem bestimmten Datum“illegal auf die Inseln reisten. Von Genf aus schaltete sich der UN-Hochkommissar für Flüchtlingsfragen, Said Hassan al-Hussein, ein und bezeichnete das gesamte Vorhaben der Rückführung aller Hilfesuchenden als illegal.
Der Optimismus von de Maizière wird nicht von allen Mitgliedstaaten geteilt. Vor allem
MEINUNG
Als der EU-TürkeiFlüchtlingspakt angedacht wurde, hieß es noch, ein solches Bündnis dürfe nicht „um jeden Preis“verfolgt werden. Nun geschieht genau das. Doch auf dem Weg zu einem Abkommen sind noch viele Hindernisse zu überwinden. Die Türkei will keineswegs alle die österreichische Innenminister Johanna Mickl-Leitner erwartet von der Türkei Vorleistungen, ehe man über ein „umfangreichen Katalog der Gegenforderungen“redet. Vor allem aber erteilte sie den optimistischen Vorhersagen der EU-Kommission eine Absage, die von einem Ende der Grenzkontrollen schon im Mai gesprochen hatte: „Mir fehlt der Glaube, dass das gelingt. Wir bleiben erstmal bei den Maßnahmen an unseren Übergängen.“Die Skepsis der konservativen Wiener Politikerin wird von nicht wenigen geteilt. So gilt besonders ein Punkt in Brüssel als heikel: die Visa-Liberalisierung, mit der Türken ab Sommer ohne Hindernisse in die EU einreisen können. Selbst de Maizière hatte schon erklärt, „vor dem Inkrafttreten einer Visa-Freiheit müssten alle Kriterien erfüllt sein“. dr