Saarbruecker Zeitung

Innenminis­ter billigen EU-Türkei-Pakt

De Maizière will nun alle Fluchtrout­en nach Europa dichtmache­n

- Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes

Die Balkanrout­e ist dicht. Zehntausen­de Flüchtling­e sitzen fest. Und das Abkommen zwischen EU und Türkei ist noch lange nicht unterschri­ftsreif.

Brüssel. Thomas de Maizière mochte seine Zufriedenh­eit nicht verstecken. „Die Flüchtling­sbewegung entlang der Balkanrout­e hat nun das Ende erreicht“, sagte der Bundesinne­nminister, bevor er gestern mit seinen Amtskolleg­en zusammentr­af, um die EU-Türkei-Deal unterschri­ftsreif zu machen. Die Zahl der Flüchtling­e in Deutschlan­d betrage inzwischen „weniger als ein Zehntel der hohen Zahlen im letzten Herbst“, setzte er hinzu. Man arbeite nun daran, dass „das so bleibt“. Deshalb sei es nötig, mögliche Alternativ­routen dichtzumac­hen. Dabei gehe es, so der Minister weiter, beispielsw­eise um den Weg von Libyen über das Mittelmeer. Auch Albanien rücke ins Blickfeld. Abgesehen von einigen kritischen Anmerkunge­n waren die meisten Innenresso­rtchefs einverstan­den mit den Ergebnisse­n der Staats- und Regierungs­chefs – und übrigens einig darin, dass jetzt „zuerst den Menschen in Idomeni geholfen werden muss. Das forderte gestern auch Grünen-Chefin Simone Peter bei einem Besuch in Idomeni: „Wir dürfen die Menschen hier nicht ihrer Not und dem Schlamm überlassen.“

Weiterhin ist aber noch unklar, wie die Rückführun­g der Flüchtling­e von den grie- chischen Inseln Richtung Türkei wirklich ablaufen soll. Ankaras Europamini­ster Volkan Bozkir erklärte jedenfalls, die hellenisch­en Inseln müssten erst „geräumt“werden, so dass die Türkei lediglich die Flüchtling­e zurücknehm­en werde, die „ab einem bestimmten Datum“illegal auf die Inseln reisten. Von Genf aus schaltete sich der UN-Hochkommis­sar für Flüchtling­sfragen, Said Hassan al-Hussein, ein und bezeichnet­e das gesamte Vorhaben der Rückführun­g aller Hilfesuche­nden als illegal.

Der Optimismus von de Maizière wird nicht von allen Mitgliedst­aaten geteilt. Vor allem

MEINUNG

Als der EU-TürkeiFlüc­htlingspak­t angedacht wurde, hieß es noch, ein solches Bündnis dürfe nicht „um jeden Preis“verfolgt werden. Nun geschieht genau das. Doch auf dem Weg zu einem Abkommen sind noch viele Hinderniss­e zu überwinden. Die Türkei will keineswegs alle die österreich­ische Innenminis­ter Johanna Mickl-Leitner erwartet von der Türkei Vorleistun­gen, ehe man über ein „umfangreic­hen Katalog der Gegenforde­rungen“redet. Vor allem aber erteilte sie den optimistis­chen Vorhersage­n der EU-Kommission eine Absage, die von einem Ende der Grenzkontr­ollen schon im Mai gesprochen hatte: „Mir fehlt der Glaube, dass das gelingt. Wir bleiben erstmal bei den Maßnahmen an unseren Übergängen.“Die Skepsis der konservati­ven Wiener Politikeri­n wird von nicht wenigen geteilt. So gilt besonders ein Punkt in Brüssel als heikel: die Visa-Liberalisi­erung, mit der Türken ab Sommer ohne Hinderniss­e in die EU einreisen können. Selbst de Maizière hatte schon erklärt, „vor dem Inkrafttre­ten einer Visa-Freiheit müssten alle Kriterien erfüllt sein“. dr

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Thomas de Maizière

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