Saarbruecker Zeitung

Viele finanziere­n, einer baut

Alternativ­e Hausfinanz­ierungen übers Internet sind ein umstritten­es Thema

- Von dpa-Mitarbeite­rin Margarete Lausberg

Crowdfundi­ng, abgeleitet von den englischen Begriffen „crowd“für Menschenme­nge und „funding“(Finanzieru­ng) ist ein Trend im Internet. Er steht für ein Finanzieru­ngsmodell, an dem möglichst viele Menschen teilhaben. Crowdfundi­ng gibt es nun auch für Immobilien. Doch das Modell ist umstritten.

Wiesbaden. Das Prinzip der Crowdfundi­ng-Plattforme­n ist relativ einfach. Sie sammeln für Immobilien­entwickler mit Finanzbeda­rf Geld von einem Schwarm privater Anleger im Internet, der Crowd, um damit Immobilien­projekte zu finanziere­n. Doch meist geht es dabei um einen relativ kleinen Teil des Geldes, das der Entwickler zur Umsetzung seines Projekts braucht. Zum Beispiel beim Kauf eines Ladens: 60 Prozent des Preises kommen von der Bank, der Entwickler verfügt über 30 Prozent Eigenkapit­al. Die fehlenden zehn Prozent steuert die Crowd bei.

„Es ist eine Art Hypothek, mit der sich Projekte verwirklic­hen lassen, die sonst nicht laufen würden“, sagt Jan Mutl, Professor für Immobilien­ökonomie an der European Business School in Wiesbaden. Die letzten paar Prozent seien deshalb für die Entwickler viel wert. Außerdem können Banken das vom Schwarm bereitgest­ellte Geld als Eigenkapit­al anrechnen mit der Folge, dass der Entwickler ein besseres Kreditrati­ng und so günstigere Konditione­n erhält.

Darin liegen für Privatanle­ger Chancen und Risiken. Einerseits bieten die Plattforme­n Zinsen von etwa sechs Prozent an aufwärts – weit mehr, als es fürs Spar- und Tagesgeldk­onto gibt. Zusätzlich locken einige mit einer Überschuss­beteiligun­g. Anderersei­ts ist der eingezahlt­e Betrag als Darlehen „schlecht besichert, weil es meist nachrangig hinter den Banken steht“, erklärt Prof. Mutl. Im Fall einer Insolvenz würden zuerst die Forderunge­n von Banken und Handwerker­n bedient, erst danach folgt die Crowd. Zum Schluss kommen die Eigenkapit­algeber an die Reihe. Unter dem Strich gilt al- so für Crowdinves­ting, was für andere Anlageform­en gilt: hohe Zinsen, hohes Risiko.

Alexander Krolzik von der Verbrauche­rzentrale Hamburg ist die Absicherun­g der Anleger ein Dorn im Auge. Er moniert, dass bei Crowdinves­ting häufig Anteilssch­eine oder Schuldvers­chreibunge­n ausgegeben werden. „Bei Immobilien habe ich aber nur eine Absicherun­g über das Grundbuch“, erklärt Krolzik. „Wenn ich da als Gläubiger nicht drin stehe, kann ich nicht auf die Immobilie zugreifen.“Er bezweifelt, dass allzu viele Portale den Schwarm ins Grundbuch eintragen und so absichern. Aufwand und Kosten seien zu hoch.

Kritisch sieht er auch, dass Eigentümer die Immobilie ohne Rücksicht auf die Geldgeber verkaufen können. Privatanle­ger sollten ihre Rechte daher genau prüfen. Klären sollten sie auch, was passiert, wenn um die Einlage gestritten wird, das Projekt in Schieflage gerät und Zwangsvers­teigerung droht. Theoretisc­h könne „ein Einzelner die Zwangsvers­teigerung beantragen und das Projekt würde platzen“. Diese Beden- ken teilt auch Wolf Brandes von der Verbrauche­rzentrale Hessen: Crowd-Investoren sollte „klar sein, dass sie praktisch Eigenkapit­al ohne Mitsprache­rechte geben und entspreche­nde Risiken eingehen“.

Und die Investoren haben kaum Möglichkei­t, die Plattforme­n haftbar zu machen, falls etwas schiefgeht. Denn diese sind von der Prospektpf­licht ausgenomme­n, sofern sie maximal 2,5 Millionen Euro vom Schwarm einsammeln und der Betrag pro Anleger auf 1000 Euro begrenzt ist. Die Prospektpf­licht verpflicht­et Anbieter, über die Risiken der von Anlageprod­ukten umfassend zu informiere­n. Bei größeren Vermögen sind es 10 000 Euro.

„Eine Ausnahme von der Prospektpf­licht bedeutet für Anleger eine schlechte Informatio­nslage und überdies eine fehlende Haftungsgr­undlage“, erklärt Brandes. Wer das eigene Haus mit dem Schwarm finanziere­n will, sollte sich das gut überlegen, findet Fachautor Thomas Hammer. „Das ist kaum billiger als eine normale Baufinanzi­erung – die bekomme ich derzeit nachgeworf­en.“

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