Heißer Streit um Hausbrand für Bergleute
Ex-RAG-Beschäftigte gegen einmalige Abfindung für Deputatkohle – Heute erster Prozess in Herne
Auf die RAG rollt eine Klagewelle zu. Hunderte frühere Bergleute halten die einmalige Abfindung für zu gering, die sie künftig statt einer jährlichen Kohlelieferung erhalten sollen. Bislang beteiligt sich offenbar kein Saarländer an den Klagen. Das kann sich aber ändern.
Saarbrücken. Der Kampf um die Kohlegruben im Saarland ist zwar vorbei. Der Bergbau ist Geschichte. Doch als Spätfolgen gibt es neue Auseinandersetzungen. Es geht um die Neuregelung des tariflichen Anspruchs auf sogenannte Kohledeputate, auf die sich die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie und Energie (IG BCE) und der Gesamtverband Steinkohle im vergangenen Jahr verständigt haben. Tausende ehemalige Bergleute, Rentner und Witwen sind betroffen.
Diese Einigung um den Hausbrand der Bergleute hat nun einen Rechtsstreit entfacht. Viele ehemalige Bergleute wehren sich dagegen, dass der jährliche Anspruch auf Kohlelieferungen in eine einmalige Abfindung umgewandelt wird. Bis zu 7,5 Tonnen stehen derzeit noch einem aktiven Bergmann pro Jahr zu, 2,5 Tonnen sind es für Rentner.
Heute ist der erste Gerichtstermin am Amtsgericht Herne, nachdem der Dortmunder Rechtsanwalt Daniel Kuhlmann vor einigen Wochen die ersten 50 Klagen an den Arbeitsgerichten in Herne und Rheine eingereicht hat. Die Umwandlung des Kohledeputats in eine einmalige Abfindung hält er für „juristisch problematisch, insbesondere bei Rentnern“. Seiner Klagewelle gegen den Bergbaukonzern RAG haben sich bisher über 400 frühere Bergleute angeschlossen. Kuhlmann hat auch eine Mandantenliste für Saarländer geöffnet.
Denn abgesehen davon, dass noch einige hundert Saarländer in Ibbenbüren arbeiten, waren nach Angaben der RAG zu Beginn dieses Jahres noch etwa 7000 Saarländer bezugsberechtigt. Etwa 4000 von ihnen bezogen zu diesem Zeitpunkt noch Kohle. Dabei hat die RAG seit Mai vergangenen Jahres die Abfindungen gezahlt. Wie hoch die Summe der bereits gezahlten Abfindung ist, darüber will die RAG keine Angaben machen, teilt aber mit, dass es Anfang 2015 noch insgesamt 115 000 Bezugsberechtigte gab, davon etwa 15 000 an der Saar.
Dietmar Geuskens, Bezirksleiter der IG BCE, sagt: „Nach meinem Kenntnisstand gibt es hier im Saarland keine einzige Klage.“Für die Gewerkschaft sei die Neuregelung annehmbar und gerecht. Da ab 2019 keine eigene Kohle mehr gefördert wird, müsste die RAG die Kohle importieren, um sie an die Bezugsberechtigten zu liefern. Aufgrund des politisch beschlossenen Ausstiegs aus dem Steinkohlenbergbau klingt die Neuregelung plausibel, sagt Kuhlmann. Doch sie hätte zur Folge, „dass die Änderungen mit drastischen Kürzungen der Leistungen, insbesondere mit dem Wegfall des Kohledeputats verbunden sind“. Dabei ist der Hausbrand „als rentenrechtlicher Anspruch einzustufen“, sagt der Anwalt.
Auf Anfrage der Grünen-Fraktion hatte auch die Bundesregierung erklärt, dass für ausgeschiedene Mitarbeiter der RAG in puncto Deputate Bestandsschutz bestehe. Geuskens stimmt dem zu: „Juristisch ist der Hausbrand als Betriebsrente zu sehen.“Diese könne aber einseitig vom Arbeitgeber gekündigt werden, „wenn sie geringer als 30 Euro monatlich ist“. So sei das Vergehen der RAG legitim. Nur bei wenigen Rentnern liege die monatliche Energiebeihilfe darüber. Dann, so Geuskens, bräuchte man deren Einverständnis für die Abfindung.