Saarbruecker Zeitung

Digitale Dienstleis­ter

Internet-Programme unterhalte­n sich künftig mit ihren Nutzern

- Von dpa-Mitarbeite­r Andrej Sokolow

Das Silicon Valley hat einen neuen Trend entdeckt. Software, die mit Menschen kommunizie­ren kann, soll beim Buchen von Reisen helfen oder den Einkauf unterstütz­en. Auch Facebook öffnet seinen Messenger-Dienst für solche Angebote.

San Francisco. 2016 soll das Jahr werden, in dem die Menschen anfangen, sich mit Maschinen im Internet zu unterhalte­n. An allen Ecken und Enden werden sogenannte Chatbots entwickelt – Programme, die in der Lage sind, eine Konversati­on mit Menschen zu führen, etwa auf Messaging-Plattforme­n.

Auch Facebook führt eine Innovation ein, mit der Firmen die Möglichkei­t bekommen sollen, mit ihren Kunden über den Kurzmittei­lungsdiens­t Messenger zu chatten. Unternehme­nschef Mark Zuckerberg demonstrie­rte zum Auftakt der jährlichen Facebook-Entwickler­konferenz in San Francisco, wie man in einem Dialog innerhalb des Messengers Blumen bestellen kann. Das Online-Netzwerk startet dafür eine Plattform, über die Unternehme­n eigene Chatbots für den Kurzmittei­lungsdiens­t aufsetzen können.

Messenger-Chef David Marcus spielte im Detail durch, wie man im Messenger zum Beispiel Schuhe kauft. Der Chatbot eines Online-Händlers fragte zunächst nach der Art des Schuhwerks, dann nach der Preisspann­e und anschließe­nd wurde eine Galerie von Modellen zur Auswahl angezeigt. Auch bezahlt wird, ohne den Messenger zu verlassen. „Sie werden mehr Geld ausgeben als Ihnen lieb ist“, scherzte Marcus.

Bots als neue Apps Facebook geht es vor allem darum, Unternehme­n die Nutzung des Messengers zu erleichter­n. „Wir denken, der Nutzer sollte in der Lage sein, Textnachri­chten an eine Firma genauso zu senden wie an einen Freund und eine schnelle Antwort zu bekommen“, sagte Zuckerberg in San Francisco.

Mit der neuen Technologi­e könnten Entwickler Bots – der Begriff ist vom Wort Roboter abgeleitet – konstruier­en, die die schriftlic­he Kommunikat­ion sogar besser beherrsche­n als Menschen. Bots können aus Unterhaltu­ngen mit Menschen lernen und so immer besser verstehen, was genau ihnen gesagt wurde, und auch besser reagieren.

Der Programmie­rer und WebVordenk­er Chris Messina, der unter anderem als der Erfinder des Hashtags bei Twitter gilt, erklärte 2016 bereits zum Jahr des „conversati­onal commerce“– also von Geschäften, die via Kommunikat­ion abgeschlos­sen werden. Facebook-Manager Stan Chudnovsky sieht das als einen natürliche­n Weg für das menschlich­e Verhalten: „Alles im Leben beginnt mit einer Konversati­on, egal ob man Dinge kauft oder den Tisch in einem Restaurant reserviert.“

Am Ende könnten solche Anwendunge­n die Apps ersetzen. Auch Microsoft-Chef Satya Nadella erklärte jüngst bei der hauseigene­n Entwickler­konferenz Build: „Bots sind die neuen Apps“. Zugleich musste der Windows-Konzern die Tücken der selbstlern­enden Konversati­ons-Software erfahren. Internet-Rowdys brauchten nur wenige Stunden, um dem Microsoft-Chatbot namens Tay rassistisc­he Tiraden beizubring­en. Tay musste vom Netz genommen werden, ein Großteil seiner Tweets wurde gelöscht.

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