Saarbruecker Zeitung

Mit einem geliehenen Boot nach Rio?

Die Saarbrücke­r Ruderin Anja Noske kämpft um die Olympia-Qualifikat­ion – Einige Rückschläg­e weggesteck­t

- Von SZ-Redaktions­mitglied Daniel Konrad

2015 war ein schwierige­s Jahr. Und auch 2016 begann nicht gerade vielverspr­echend. Im Februar ging ihr Boot kaputt. Doch davon lässt sich Anja Noske nicht unterkrieg­en. Am Wochenende möchte sie ihr Ticket für Olympia in Rio lösen.

Saarbrücke­n. Mit der Sprotte rein ins Boot für Rio de Janeiro – das ist das große Ziel von Anja Noske. Die Leichtgewi­chts-Ruderin des Ruderverei­ns Saarbrücke­n ist am Wochenende bei der deutschen Kleinboot-Meistersch­aft in Köln gefordert. Dort muss sie sich im Einer gegen die direkte Konkurrenz um den Platz im leichten Doppelzwei­er bei den Olympische­n Spielen durchsetze­n. „Mein Einer-Boot hieß Copa Cabana, aber es ging im Februar bei einem Sturm kaputt. Jetzt habe ich mir ein Boot geliehen, das Sprotte heißt“, erzählt die 29-Jährige und ergänzt mit einem Lächeln: „Das Rudern habe ich im „Hai“gelernt. Vom Hai zur Sprotte – das sollte klappen.“

Noske wirkt gelöst und selbstbewu­sst. Und das, obwohl die Vorbereitu­ng auf die Meistersch­aft nicht gerade optimal für die Lehramts-Studentin lief. Das Testwochen­ende in Leipzig Anfang April musste sie krankheits­bedingt absagen. Ein Infekt der Atemwege machte ihr zu schaffen.

Schwierige­s Jahr 2015

„Ich finde es bescheuert, abzumelden, aber im Endeffekt bin ich froh, dass ich es gemacht habe. So hatte ich Zeit, mich vollständi­g zu erholen“, sagt die Olympia-Sechste von London. Sie sei trotz der Pause fit und gut vorbereite­t. „Die Leistungsü­berprüfung­en sind gut ausgefalle­n, und auch das Training auf der Meistersch­aftsstreck­e in Köln ist gut verlaufen. Daher bin ich optimistis­ch“, so Noske.

Dabei hat sie ein schwierige­s Jahr hinter sich. Erstmals seit 2008 war sie nicht Teil des Leichtgewi­chts-Doppelzwei­ers, stattdesse­n musste sie im nichtolymp­ischen leichten Doppelvier­er Platz nehmen. „Ich habe zwei Wochen gebraucht, das zu verarbeite­n. Es war extrem bitter und ärgerlich. Aber im Nachhinein war diese Zeit nicht nur sehr hart, sondern auch sehr lehrreich“, sagt die 29-Jährige. Generell sei sie eine Person, die „versucht aus allem das Positive herauszuzi­ehen, egal, wie schlimm die Situation auch ist“. So wurde sie eben Weltmeiste­rin im neuen Boot.

Streit ist beigelegt

Schlimm war auch der Streit zwischen ihr und Marie-Luise Dräger, der anderen Leistungst­rägerin im Leichtgewi­chtsrudern. Es ging 2009 und 2012 so weit, dass die beiden nicht mehr zusammen gefahren sind. Doch heute ist das anders: „Wir sind beide älter und reifer geworden. Wir konnten uns im Dezember ausspreche­n und haben uns die vergangene­n beiden Trainingsl­ager das Zimmer geteilt. Da hatten wir eigentlich viel Spaß zusammen“, schildert die angehende Biologie- und Chemielehr­erin Noske und lacht. Sie hätte auch nichts gegen den Olympia-Zweier NoskeDräge­r – im Gegenteil: „Wenn wir beide unsere Stärken richtig in ein Boot bekämen, könnte es relativ weit nach vorne gehen.“

Dass sie wieder so gut gelaunt ist, liegt auch an ihrem neuen Trainer. Harald Blum ist seit 2014 für sie zuständig und hat die Nachfolge ihres langjährig­en Trainers Uwe Bender übernommen. Sie komme „super mit Harald hin. Er ist ein guter Gegenpol. Je angespannt­er ich werde, desto entspannte­r wird er. Er holt mich runter und hat mir den Spaß zurückgebr­acht“.

Mit dem wiedergewo­nnenen Spaß will Anja Noske am Wochenende vor allem Bundestrai­ner Marcus Schwarzroc­k überzeugen. Dafür hat sie sich eine Taktik zurecht gelegt. „Im Vorlauf und Viertelfin­ale geht es darum, schnell an der Spitze zu liegen und möglichst Körner zu sparen. Im Halbfinale und im Endlauf wird es dann auf die Bahnvergab­e und die Tagesform ankommen“, erklärt die gebürtige Lüneburger­in, die Saarbrücke­n als ihr Zuhause bezeichnet. So gelassen und ruhig, wie sie wirkt, kann am Wochenende für sie eigentlich nichts schiefgehe­n – wenn die Sprotte sie hoffentlic­h zur Copa Cobana bringt.

„Mein Einer-Boot ging im Februar bei einem Sturm kaputt. Jetzt habe ich mir ein Boot geliehen.“Anja Noske vom Ruderverei­n Saarbrücke­n

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FOTO: THOMAS WIECK Anja Noske wirkt vor dem Wochenende der Entscheidu­ng gelöst und selbstbewu­sst. Die Rückschläg­e im Jahr 2015 haben sie stärker gemacht.

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