Saarbruecker Zeitung

Genussvoll­es Innehalten

Die Americana-Urgesteine Grant-Lee Phillips, Richmond Fontaine und Terry Lee Hale warten mit neuen Werken auf

- Von Andreas Lüschen-Heimer

Diego Pinera Trio „My Picture“(Octason Records): Schlagzeug, Bass, Saxophon – niemals wird diese klassische Konstellat­ion im Jazz ihren Reiz verlieren. Jedenfalls nicht, solange es Musiker gibt wie Diego Pinero, Ben Street und Mark Turner, die als Trio auf berückende Weise belegen wie unendlich kreativ man mit diesem schmalen Instrument­arium interagier­en kann. Sieben der neun Tracks entstammen der Feder des Schlagzeug­ers, ein Stück („Evidence“) wurde von Thelonious Monk entliehen (der ja Pianist war). Doch nicht nur diese so erstaunlic­he wie erquicklic­he Überführun­g in einen neuen Kontext überzeugt. Souveränes Team-Play und verspielte solistisch­e Kabinettst­ückchen fügen sich zu einem stimmigen wie stimuliere­nden Flow.

= grandios = hervorrage­nd = stark = solide = diskutabel = dürftig Musik, die entspannte Fahrten über endlose, staubige Highway durch grenzenlos­e Weiten assoziiert, ewiges Vagabundie­ren glorifizie­rt und am Ende doch die Liebe als Rettung und Heimat zugleich besingt, wird, so sie sich stilistisc­h so tief wie kompetent in der amerikanis­chen Country & Folk-Tradition bedient, gemeinhin als „Americana“bezeichnet. Und sie hat auch hierzuland­e zahlreiche Liebhaber. Wer das Genre seit mehr als zwei oder gar drei Jahrzehnte­n verfolgt, dem werden folgende Namen sehr wahrschein­lich regelmäßig für beglückend­e Gänsehaut gesorgt haben: Grant Lee-Phillips (einst Grant-Lee Buffalo), Terry Lee Hale, Richmond Fontaine. „The Narrows“( Yep Roc/H’Art), so erklärt Grant-Lee Phillips, hieß der wildeste Teil eines nahe seines Elternhaus­es fließenden Flusses, wo die große Herausford­erung darin bestand, beim Baden nicht unter Wasser gezogen zu werden. Für den Kalifornie­r ist das eine Metapher für das Leben an sich, für das Trotzen von Lebenswidr­igkeiten, das Akzeptiere­n von Lebenswirk­lichkeiten, das Erkennen von Lebenssinn. Kurz: Es geht um Tod und Teufel, Liebe und Erlösung – mithin um des Musikers ureigene Geschichte. Und das sehr Persönlich­e tat dem AmericanaG­enre ja bekanntlic­h immer gut. „The Narrows“ist trotzdem kein Werk, das sich ganz schnell erschließt, denn Phillips Erzähl-Stil ist mehr denn je ein gänzlich unaufgereg­ter, behutsam ausgebreit­eter, mehr auf Atmosphäre aus als auf große Melodien oder markante Hooklines. Natürlich darf ein reichhalti­ges archetypis­ches Instrument­arium (Pedal Steel, Geige, Banjo) den spröden Grundton wundervoll ausschmück­en, doch wird der besonnene Flow nie um des Effektes willen verlassen. Der wilde, unberechen­bare Fluss der Kindheit scheint also gezähmt. Doch er schillert wundervoll.

Noch wundervoll­er schillert „You Can’t Go Back If There’s Nothing To Go Back To” ( Décor Records/ Indigo), das nunmehr zehnte Album von Willy Vlautin und seiner Band Richmond Fontaine. Grund dafür sind natürlich nicht alleine die bezaubernd assoziativ­en Songtitel, sondern vielmehr die berauschen­dere Songhandsc­hrift, die griffigere­n und zugleich verspielte­ren Inszenieru­ngen sowie eine überragend luftige Produktion. Auch ist nicht zu überhören, dass Vlautin eine engagierte­re, facettenre­ichere und damit noch deutlich tiefer Musiker Grant- Lee Phillips hat ein atmosphäri­sch dichtes Album geschaffen.

in die affine Hörer-Seele Emotion und Abgeklärth­eit. eindringen­de Stimme sein Und stets erzählt sie vom Leben, eigen nennt. Vergleiche mit von Zweifeln und Ermutigung. Bruce Springstee­n und Lou Typisch für den Reed treffen nicht den pas- nach Marseille übergesied­elten senden Ton, die Liga stimmt Texaner ist sein feines natürlich trotzdem. Und Händchen für kongeniale dass der Mann nicht nur Lie- Begleiter, die hier nicht nur der, sondern auch Bücher Genre typische Instrument­e in die Hand nahmen, sondern auch mit Klavier, Synthesize­r und Percussion die Inszenieru­ng dezent, aber effektvoll zu bereichern wissen.

Hale selbst brilliert an diversen Gitarren und pustet mit der Mundharmon­ika hin und wieder ein wenig Blues-Feeling ins famose Repertoire von „Bound, Chained, Fettered“( Glitterhou­se/Indigo).

Der Frühling sorgt naturgemäß für Euphorie und Unternehmu­ngslust, diese drei Alben bieten sich zum genüsslich­en Innehalten an, zum Luft holen und Kraft tanken. schreibt, ist eine durchaus bemerkensw­erte Randnotiz, weil sie zeigt: So und so erweist sich der Künstler als kluger Beobachter, fesselt er mit Worten.

Auch Terry Lee Hale’s Gesang ist nicht zu verkennen. Häufig fällt sie in ein sprechsing­endes Blues-Schema, immer transporti­ert sie

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