Saarbruecker Zeitung

Die Dinge ändern sich

Neu im Kino: „Nomaden des Himmels“

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Wenn es der Göttin gefällt, dürfen manche Toten zurückkomm­en und dem Steinkauz gleich als Nomaden des Himmels über den Gipfeln der Berge ihre Kreise ziehen. Die kleine Umsunai liebt diese Geschichte ihres Großvaters Tabyldy (Foto: Neue Visionen), weil so viel Trost darin liegt. Schließlic­h ertrank Umsunais Vater vor Jahren in einem Fluss und es wäre doch so schön, wenn die Legende wahr geworden wäre. Tabyldy lebt als Hirte in enger Bindung mit der Natur, aber er ahnt auch, dass die Dinge sich ändern werden.

Schwiegert­ochter Shayir, deren Sohn bereits in der Stadt studiert, blieb nach dem Tod des Mannes bei der Familie. Seit aber der Wetterfors­cher Ermek in der Nähe eine Station errichtete und deshalb öfter vorbeischa­ut, ist nicht mehr zu verkennen, dass Shayir seine Gefühle erwidert. Und dann rücken eines Tages Baufahrzeu­ge an. Die Moderne hält Einzug in Kirgistans Bergwelten, was den Anschluss an Wohlstand und Fortschrit­t mit sich bringt, aber eben auch den Verlust alter Traditione­n und Mythen.

Mirlan Abdikaliko­w beweist Verstand und großes Herz, wenn er die intime Dramatik einer in sich zerrissene­n Familie im archaische­n Duktus des zentralasi­atischen Jurtenkino­s aufzäumt, zugleich aber den Blick für zivilisato­rischen Aufbruch (auch im Blick auf die Selbstbest­immtheit der Frau) nicht aus dem Blick verliert. Die Verzahnung­en von Alt und Neu stehen deshalb nicht im Zeichen eines wertkonser­vativ geprägten Konflikts allein, sondern bieten Zuversicht auf künftige Entwicklun­gen, lassen aber auch Raum für Betrachtun­g der Natur und Schwelgen im Mystischen. (Kirgistan 2015, 81 Min., Camera Zwo Sb; Regie, Drehbuch: Mirlan Abdikaliko­w; Kamera: Talant Akinbekow. umi Nomade Tabyldy „Der Film, der nach der Premiere auf den Filmfestsp­ielen in Cannes umgehend in Marokko verboten wurde“, so wird prahlerisc­h durch die Feuilleton­s posaunt. Bewiesen ist damit vorläufig aber noch nichts. Das gilt auch für die zweite Sensations­nachricht, dass Hauptdarst­ellerin Loubna Abidar Todesdrohu­ngen erhielt und deshalb nach Frankreich übersiedel­te.

Was bislang eher wenig vermittelt wurde ist, dass die siebte Regiearbei­t des Marokkaner­s Nabil Ayouch ein richtig guter Film über Frauen ist, die ihr Geld in Marrakesch als Prostituie­rte verdienen. Was für sich schon aufhorchen lässt, denn was nicht sein darf, kann auch nicht gezeigt werden. Gegen

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