Saarbruecker Zeitung

Ständige Gefahr für Leib und Leben

Neu im Kino: „Muched Love “von Nabil Ayouch – Packende Geschichte über Prostituie­rte in Marokko

- Von Uwe Mies

diese landläufig­e moralische Grundausri­chtung läuft Ayouch präzise Konter mit Szenen, in denen die Frauen die Regeln bestimmen, wer wo wieviel begrapsche­n darf und was er dafür zu bezahlen hat. Genauso ungeschmin­kt sind die Männer ins Bild gerückt, die sich mit zunehmende­m Konsum von Alkohol und Drogen im Vorteil wähnen und das unverfrore­n auszunutze­n versuchen.

Aber Loha und ihre beiden jüngeren Freundinne­n Randa und Soukaina wissen, wann es Zeit ist zu gehen, wenn die Edelfreier aus Saudi-Arabien oder Frankreich mehr wollen als ihnen zusteht und gewalttäti­g werden. Das Damentrio erhält Zuwachs durch Hlima, die ihnen buchstäbli­ch auf der Straße über den Weg läuft und sich schnell einfügt, weil sie hinter tumber Provinzfas­sade mit allen Wassern gewaschen ist. Chauffeur Said ist der Fahrer und Beschützer und der einzige Mann, dem in Marokko zu Eine der Frauen, die ihren Körper verkauft: Loubna Abidar als Noha. trauen ist, wenn es um Frauen geht. Es gibt auch in Mitteleuro­pa kaum einmal einen Film, in dem Frauen nicht am süßen Leben naschen, sondern es in großen Stücken verschling­en, weil sie wissen, wie trügerisch die Gunst der Männer ist und wie schnell man auch von den stets sorgsam bestochene­n Polizisten abserviert werden kann.

Nabil Ayouch und sein außerorden­tlich aufspielen­des Frauenense­mble zelebriere­n einen auf Kulturscho­ck zielenden hedonistis­chen Lebensentw­urf, dessen Kehrseite Gefahr für Leib und Leben bedeutet. Die Provokatio­n ist enorm, die Anteilnahm­e am Schicksal der Frauen überwiegt. Das ist gut. (Frankreich/Marokko 2015, 103 Min., Filmhaus Sb; Regie und Buch: Nabil Ayouch)

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany