Probier’s mal mit...
Neu im Kino: „The Jungle Book“von Jon Favreau – Realfilm-Animation des Klassikers „Das Dschungelbuch“
„Wieder ein Remake, das keiner braucht“, so dachten viele, als Disney vor einigen Jahren eine Neuverfilmung von „Das Dschungelbuch“ankündigte. Aber das, was Jon Favreau („Iron Man 1 & 2“) nun auf die Leinwand gezaubert hat, kann durchaus als künstlerisch eigenständige Version neben dem legendären Musicaltrickfilm aus dem Jahre 1967 bestehen.
Sein „Jungle Book“ist nicht als Zeichentrick, sondern als Realfilm-Animation in Szene gesetzt. Der zwölfjährige Neel Sethi ist der einzige Schauspieler in der Rolle des Mogli, dem Findelkind, das von dem Panther Baghira gefunden und von einem Wolfsrudel großgezogen wird. Alle anderen Rollen sind mit Tieren besetzt, die in ihrer fotorealistischen Darstellung aussehen, als seien sie soeben der Wildnis entsprungen. Die Irritation, dass Panther, Wölfe oder der gefährliche Tiger Shir Khan in perfekter menschlicher Diktion sprechen, ist schon nach wenigen Filmminuten verschwunden. Auch hier liegt die Kunst in der digitalen Feinarbeit, die Fiktion und Realismus nahtlos miteinander verbindet.
Zwangsläufig kommt die Geschichte mit einer solchen Herangehensweise weniger putzig daher. Der Dschungel ist hier kein Kinderspielplatz, sondern Ort, an dem Abenteuer und Lebensgefahr eng nebeneinander liegen, was in manchen Schreckmomenten sechsjährigen Zuschauern einiges an Tapferkeit abverlangt. Aber die wunderschönen Bildkreationen aus der Wildnis, die nie in den FantasyKitsch abdriften, entschädigen für die düsteren Szenen.
Der Auftritt der Schlange Kaa etwa ist ein Animationskunststück der feinsten Art. Der Bär Balu bleibt auch als fotorealistisches Riesenzotteltier der Sympathieträger der Geschichte und der gigantische Orang-Utan King Louie erinnert in seinem Gestus ein wenig an Marlon Brando in einer tierischen Mischung aus „Der Pate“und „Apokalypse Now“.
Selbst auf die wichtigsten Songs wie „Probier’s mal mit Gemütlichkeit“oder „Ich will so sein wie du“wird bei allem Realismus nicht verzichtet und sogar den Gesang nimmt man den glaubwürdigen Pixel-Viechern ab. Deutlicher als im Zeichentrickfilm kommt hier der eigentliche erzählerische Kern von Kiplings Roman zum Vorschein, in dem der Menschenjunge Mogli zwischen dem hedonistischen Bären Balu und dem vernünftigen Panther Baghira einen eigenen Weg zu einem selbstverantwortlichen Leben finden muss.
USA 2016, 105 Min, Regie: Jon Favreau, mit den Stimmen von Armin Rohde, Joachim Król.