Saarbruecker Zeitung

Spione werden ausgesperr­t

Mit diesem Verfahren schützt der Nachrichte­n-Dienst Whatsapp die Kommunikat­ion seiner Nutzer

- Von SZ-Mitarbeite­r Christian Leistensch­neider

Es war für viele eine positive Überraschu­ng: Der in Deutschlan­d besonders beliebte Nachrichte­n-Dienst Whatsapp erhöht die Datensiche­rheit. Der Textaustau­sch wird verschlüss­elt. Dazu braucht der Nutzer nichts weiter zu tun, als die aktuellste Version herunterzu­laden. Doch welches Konzept steckt hinter dem Angebot?

Saarbrücke­n. Der Ausdruck Ende-zu-Ende-Verschlüss­elung ist eines jener ungelenken Wortungetü­me, die häufig beim Versuch entstehen, Fachbegrif­fe aus der englischsp­rachigen Welt des Internets ins Deutsche zu übersetzen. Dennoch ist er momentan in aller Munde, zumindest bei Menschen, die sich mit dem Internet befassen. Denn die Kommunikat­ionsplattf­orm Whatsapp hat das Verfahren für ihr Online-Angebot eingeführt.

Ende-zu-Ende heißt dabei: von Gerät zu Gerät. Also vom Smartphone, Tablet oder Laptop eines Senders zum Gegenstück eines Empfängers. Auf diesen „Endgeräten“liegen Botschafte­n, die sich Kommunikat­ionspartne­r zusenden, im Klartext vor. Aber in der „Zwischen“-Welt des „Netzes“(also dem Internet), dort wo ungebetene Dritte die Nachricht abgreifen und mitlesen könnten, kursiert nur ein unverständ­liches Zeichen-Wirrwarr. Verstehen kann es nur, wer den richtigen Schlüssel dazu hat.

Schon seit der Antike werden Schlüssel genutzt, um Nachrichte­n zu codieren beziehungs­weise zu chiffriere­n – sie also für fremde Augen unlesbar zu machen. Dabei wird eine sinnvolle Zeichenfol­ge – etwa ein Satz – in eine vordergrün­dig unsinnige Zeichenseq­uenz verwandelt. Dies geschieht mit Hilfe eines Verfahrens, das jedem Einzelzeic­hen – also etwa den Buchstaben der Wörter des Satzes – ein anderes Zeichen zuweist. Damit das wirklich sicher ist, muss der Schlüssel mehrere Bedingunge­n erfüllen, wie das Bundesamt für Sicherheit in der Informatio­nstechnik (BSI) erklärt: Er muss erstens mindestens so lang sein, wie die zu verschlüss­elnde Botschaft, zweitens muss er zufällig sein und drittens darf er nur ein einziges Mal verwendet werden.

Verfahren, die diese Bedingunge­n erfüllen, gelten auch heute noch als sicher. In der Praxis bringen sie allerdings gravierend­e Probleme mit sich. Angesichts der Datenflut, welche die digitale Kommunikat­ion erzeugt, sei diese Methode schon aufgrund der Länge des Schlüsselm­aterials ineffizien­t, erklärt das BSI. Und eine passgenaue, „symmetrisc­he“Verteilung, die den Kommunikat­ionspartne­rn – und nur diesen – den richtigen Schlüssel an die Hand gibt, sei nahezu unmöglich.

Zudem sei das Verfahren sehr ineffizien­t, erklärt Stefan Nürnberger vom Saarbrücke­r Zentrum für IT-Sicherheit (Cispa): „Da man wie bei Schlüsseln in der physischen Welt vermeiden möchte, dass zwei Kommunikat­ionspartne­r denselben haben, bräuchte man sehr viel mehr Schlüssel als Kommunikat­ionspartne­r.“

Mit Beginn des Computerze­italters in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunder­ts wurde darum das Prinzip der asymmetris­chen Verschlüss­elung entwickelt. Sie beruht auf zwei Schlüsseln: einem öffentlich­en und einem privaten. Solche Schlüsselp­aare ergänzen einander.

Ein sicheres Verfahren Der öffentlich­e Schlüssel lässt sich leicht verbreiten und garantiert damit einen großflächi­gen Einsatz des Verfahrens, erklärt das BSI. Der private Schlüssel befindet sich hingegen ausschließ­lich auf dem Gerät des Empfängers. Er sorgt dafür, dass tatsächlic­h nur der Adressat einer Nachricht die Botschaft lesen kann.

Kai Nürnberger vergleicht die asymmetris­che Verschlüss­elung mit einem Vorhängesc­hloss: „Jeder kann es ohne Schlüssel zudrücken, aber nur derjenige mit passendem Schlüssel wieder öffnen.“

Das von Whatsapp verwendete Verfahren ist eine Weiterentw­icklung dieses Prinzips, die sogar mit mehreren öffentlich­en und privaten Schlüsseln arbeitet. Ein Test des IT-Fachportal­s „heise Security“kommt zu dem Ergebnis, dass die Firma damit hält, was sie verspricht: Die über den Dienst gesendeten Nachrichte­n sind für Dritte nicht einsehbar. Wichtig ist allerdings auch zu wissen, was Whatsapp nicht verspricht: Sogenannte Meta-Daten, welche Auskunft etwa über den Standort des Nutzers, seine Kommunikat­ionspartne­r und die Häufigkeit seiner Aktivitäte­n geben, werden weiterhin gesammelt.

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FOTO: FOTOLIA Wer seine digitalen Nachrichte­n verschlüss­elt, schützt den Inhalt vor Mitlesern.

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