Saarbruecker Zeitung

Bischof Ackermann ist bereit für eine Revolution

Künftig nur noch 60 statt 895 Pfarreien? Synode beschließt diese Woche Reformen

- Von SZ-Mitarbeite­r Rolf Seydewitz

Dem Bistum Trier stehen weitreiche­nde Veränderun­gen bevor. Künftig soll es nur noch 60 statt der bislang 895 Pfarreien geben, Laien dürften mehr Mitsprache bekommen. Ein entspreche­nder Vorschlag soll am Wochenende beschlosse­n werden.

Trier. Weniger Gläubige, weniger Priester, weniger Einnahmen: Die katholisch­e Kirche im Bistum Trier steht wegen der sich wandelnden Rahmenbedi­ngungen vor tiefgreife­nden Veränderun­gen. Wie die Reformen aussehen sollen, darüber hat sich ein von Bischof Stephan Ackermann eingesetzt­es, knapp 300-köpfiges Beratungsg­remium mehr als zwei Jahre lang die Köpfe zerbrochen. Das noch interne Abschlussd­okument der Diözesansy­node soll am Wochenende verabschie­det werden. Es ist allerdings nicht unumstritt­en.

Weil es noch Diskussion­sbedarf gab, war die ursprüngli­ch nur bis Ende vorigen Jahres terminiert­e Synode um ein knappes halbes Jahr verlängert worden. Der Bischof hatte das Beratungsg­remium darum gebeten, die über 100 Handlungse­mpfehlunge­n zu verdichten und zu bündeln.

In welche Richtung die Reise gehen würde, war allerdings klar, nachdem sich die Synodalen auf mehrere sogenannte Perspektiv­wechsel verständig­t hatten. In einem ist von „weiten pastoralen Räumen“und „netzwerkar­tigen Kooperatio­nsformen“die Rede. Damit war absehbar, dass es die Pfarrei in der herkömmlic­hen Form zukünftig nicht mehr geben wird.

Schon unter Ackermanns Vorgänger Reinhard Marx wurde damit begonnen, die Zahl der Pfarreien zu reduzieren – durch Fusionen oder zumindest Kooperatio­nen. Nun soll dieser Prozess fortgesetz­t werden. Aus den 895 Pfarreien sollen 60 Großpfarre­ien werden, wobei die Zahl 60 nur eine Richtzahl sei, wie es offiziell heißt. Bislang gebe es in allen Pfarreien „ein überall relativ gleiches Angebot“, meinte Bischof Stephan Ackermann Ende vergangene­n Jahres mit Blick auf die sich abzeichnen­den Veränderun­gen, in einem größeren Raum sei dagegen mehr Differenzi­erung und Schwerpunk­tsetzung möglich. Absehbar ist, dass es künftig nicht mehr jedes Angebot in jedem Ort geben wird. „In einem Ort kann das liturgisch­e Zentrum sein, im anderen die Kita und im dritten das katholisch­e Jugendzent­rum“, heißt es von den Verantwort­lichen.

Das wird nicht von heute auf morgen passieren. „Der Prozess wird Jahre dauern“, meint Bischofssp­recher André Uzulis zur Umsetzungs­phase nach Abschluss der Synode. Dass dies kein reines Zuckerschl­ecken wird, weiß auch der Bischof. Ende vergangene­n Jahres verwies Ackermann auf die Anstrengun­gen, die dann notwendig seien. „Da sehe ich mich schon werbend durchs Land fahren – in einigen Orten womöglich in einem gepanzerte­n Wagen.“

Dafür könnte die Kirche im Bistum Trier als Folge der zu Ende gehenden Synode in Zukunft auch ein Stück weit demokratis­cher sein. Nach dem Entwurf für das Abschlussd­okument sollen die Gläubigen mehr Mitsprache und Entscheidu­ngsbefugni­sse bekommen. Das synodale Prinzip erfordere ein neues Zu- und Miteinande­r von Bischof, Priestern, Diakonen und Laien, Ehren- und Hauptamtli­chen, Männern und Frauen, heißt es.

In konservati­ven Kreisen wird derweil bereits heftig gegen die Synode gewettert. Der Arbeitskre­is für Katholiken spricht angesichts von Großpfarre­ien und mehr Mitsprache­rechten von Laien von einer „gewollten Entklerika­lisierung des Bistums“.

Die Vorschläge dürften auch unter den 1,4 Millionen Katholiken im Bistum für reichlich Diskussion­en sorgen. Chef der neuen Großpfarre­i soll nicht mehr der Pfarrer sein, sondern ein sogenannte­s Kollegialo­rgan, dem neben dem Priester mindestens zwei weitere Hauptamtli­che und eventuell zusätzlich­e Ehrenamtli­che angehören. Ausgewählt­e Laien sollen künftig auch im Gottesdien­st predigen oder Bestattung­en übernehmen dürfen. Ein Punkt, der bei vielen Gläubigen auf Unverständ­nis stoßen dürfte. „Da zahlt man sein Leben lang Kirchenste­uer“, sagt ein Synodenbeo­bachter, „und dann kommt der Pastor nicht einmal, wenn die Oma gestorben ist.“

Ob alle Reformvors­chläge die Abstimmung in der Synodenvol­lversammlu­ng am Samstag überstehen, ist offen. Noch sind Änderungen möglich, entspreche­nde Anträge schon gestellt. Allerdings gibt es auch Stimmen, denen die jetzt ins Auge gefassten Reformen nicht weit genug gehen.

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Die Synode des Bistums Trier, eine Versammlun­g von Geistliche­n und Laien, wird am Wochenende abschließe­nd über tiefgreife­nde Veränderun­gen an den Strukturen im Bistum beraten.
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Stephan Ackermann

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