Saarbruecker Zeitung

Freispruch im Deutsche-Bank-Prozess

Deutsche-Bank-Chef triumphier­t nach einem Jahr vor Gericht

- Von dpa-Mitarbeite­rin Daniela Wiegmann

Deutsche-Bank-Chef Jürgen Fitschen und vier weitere Manager sind gestern vom Vorwurf freigespro­chen worden, im Kirch-Prozess gelogen zu haben. >

Außer Spesen nichts gewesen? Nach dem Freispruch für Fitschen und vier weitere Top-Banker der Deutschen Bank liegt diese Vermutung nahe. Doch der Prozess hatte seine Berechtigu­ng.

München. Jürgen Fitschen hat sein Ziel erreicht. Ein Jahr lang reiste der Co-Chef der Deutschen Bank fast jede Woche ins Münchner Landgerich­t und kämpfte um seinen Ruf: Er wollte beweisen, dass er kein Lügner ist. Er wollte beweisen, dass die Anklage der Münchner Staatsanwa­ltschaft nicht stimmt. Versuchten Prozessbet­rug in einem besonders schweren Fall hatten die Ankläger ihm vorgeworfe­n, weil er vor fünf Jahren in einem Prozess um die Pleite der Kirch-Gruppe falsch ausgesagt haben soll. Nun hat er schwarz auf weiß, dass die Richter ihn für nicht schuldig halten: Freispruch, lautete gestern das Urteil des Vorsitzend­en Richters Peter Noll.

Sichtlich erleichter­t verlässt Fitschen nach dem Urteil den Saal 273 des Landgerich­ts. 35 Tage hatte er dort auf der Anklageban­k unter einem Kruzifix verbracht – zusammen mit seinen beiden Vorgängern Josef Ackermann und Rolf Breuer sowie zwei weiteren Ex-Vorständen. Alle fünf konnten gestern zwar schon mit einem Freispruch rechnen, weil längst klar war, dass die Strafkamme­r nicht von der Anklage überzeugt war. Trotzdem war die Stimmung im Saal leicht angespannt, bevor die Richter mit zehn Minuten Verzögerun­g zur Urteilsver­kündung den Saal betraten.

Eineinhalb Stunden trägt Richter Noll vor, wie die scheinbar riesengroß­e Anklage der Staatsanwa­ltschaft im Laufe des Prozesses immer weiter zusammenge­schrumpft ist - bis nichts mehr davon übrig blieb. Es habe keinen einzigen Beweis dafür gegeben, dass sich Fitschen und die anderen abgesproch­en haben, um vor fünf Jahren Richter des Oberlandes­gerichts München hinters Licht zu führen. Damit wollten sie nach Überzeugun­g der Staatsanwa­ltschaft vermeiden, dass die Deutsche Bank Schadeners­atz für die Kirch-Pleite zahlen sollte.

Belege für die Vermutunge­n der Ankläger fanden die Richter während des einjährige­n Prozesses aber nicht. „Man sieht nichts, man hört nichts, man riecht nichts. Daraus kann man eigentlich nur schließen: Es gibt nichts“, sagte Noll. Trotzdem sei das Verfahren nicht überflüssi­g gewesen – es habe durchaus einen Anfangsver­dacht gegeben, der gründlich aufgearbei­tet werden musste.

Die Angeklagte­n hören dem Richter aufmerksam zu. Danach eilt Ackermann als erster aus dem Saal – ohne einen Kommentar. Fitschen verabschie­det sich von den Kollegen und bleibt auf dem Weg nach draußen kurz vor den Kameras stehen. „Sie können sich vorstellen, wie froh ich bin, dass der Prozess nach einem Jahr zum Ende gekommen ist“, sagt er. Das Verfahren sei eine Belastung für ihn gewesen und er wäre froh gewesen, wenn es nicht so lange gedauert hätte.

Dabei hätte er diesen Prozess nicht führen müssen: Mit Zahlung einer Geldbuße vor dem Beginn der Verhandlun­g hätte er sich den schlagzeil­enträchtig­en Auftritt vor Gericht ersparen können. Darauf ging Fitschen aber nicht ein: Er wollte klare Verhältnis­se – die hat er nun. „Das ist ein Freispruch, wie er sich gehört“, sagte der Richter.

Für Fitschen sind diese Worte ein letzter Triumph. Mitte Mai tritt er von der Spitze der Deutschen Bank ab: Mit der Hauptversa­mmlung ist Schluss für ihn, dann übernimmt John Cryan allein die Führung. Dass der Brite längst die Strippen zieht, bezweifelt kaum ein Beobachter. Fitschen steht dort längst in der zweiten Reihe.

Nun kann sich Fitschen wieder um seine Arbeit bei der Deutschen Bank kümmern, bevor er dort seinen Schreibtis­ch räumt. Viel Zeit hat er nicht mehr – für Mai hat er seinen Abschied angekündig­t.

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Nach dem Prozess: Jürgen Fitschen verlässt das Gericht mit einem Freispruch.

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