Saarbruecker Zeitung

Österreich­s Rechte im Aufwind

Wahlsieger Hofer war vor wenigen Wochen landesweit noch eher unbekannt

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Die FPÖ bejubelt ihren Sieg in der ersten Runde der Präsidente­nwahl in Österreich. Und auch andere rechte Parteien wittern Morgenluft. >

Norbert Hofer gilt als das „freundlich­e Gesicht“der rechten FPÖ – in der Sache ist der Burschensc­hafter aber voll auf Parteilini­e. Nun könnte der 45Jährige der jüngste Bundespräs­ident Österreich­s werden.

Wien. Eigentlich wollte Norbert Hofer nicht für das Amt des österreich­ischen Bundespräs­identen kandidiere­n. Der smarte Rechtspopu­list fühlte sich vor wenigen Monaten noch zu jung dafür. Einige Überredung­sversuche später fuhr der 45-jährige gelernte Flugzeugte­chniker einen ungeahnten Erfolg für die FPÖ beim Vorentsche­id zum höchsten Amt der Alpenrepub­lik ein. Mit seiner freundlich­en Art hat der vierfache Vater, der seit über 20 Jahren bei den „Blauen“ist, nicht nur praktisch alle eingefleis­chten FPÖ-Wähler mobilisier­t, sondern erfolgreic­h im Lager der Volksparte­ien gefischt.

Vor dem Wahlkampf war der Burschensc­hafter Hofer bundesweit nur wenig bekannt. Innerhalb weniger Wochen gelang es ihm aber, seine Popularitä­t im ganzen Land auszuweite­n. Von der Regionalpo­litik in seiner Heimat Burgenland schaffte es Hofer, dessen Vater einst konservati­ver ÖVP- Gemeindera­t war, in den Nationalra­t bis zum stellvertr­etenden Parlaments­präsidente­n. Seit einem schweren Unfall beim Paragleite­n ist Hofer gehbehinde­rt und tritt meist mit Stock auf. Seither setzt er sich besonders für Behinderte­npolitik ein.

Eines seiner Erfolgsrez­epte im Wahlkampf war es, bei Interviews und Wahlkonfro­ntationen stets ruhig und freundlich zu bleiben. Es gelang ihm gut, sich zu verkaufen: Er erzählte Geschichte­n von seiner Katze, die eigentlich lieber ein Hund sein will und stets versucht zu bellen. Er setzte sich 2013 in einer Parlamenta­rischen Anfrage für die Erforschun­g von „Chem-Trails“ein – der Untersuchu­ng der Kondensstr­eifen von Flugzeugen auf bewusst gestreute Gifte. Dass er sich damit in die Nähe einer Verschwöru­ngstheorie begab, brachte ihm eher Schmunzeln als Kopfschütt­eln ein.

Hofer zeigt sich gläubig und trägt immer ein schwarz-silbernes Kreuz als Talisman mit sich. Er betont stets, die Sorgen der einfachen Bürger ernst zu nehmen. Diese Haltung war auch ein wesentlich­er Grund für den Erfolg vom Sonntag. Auf sozialen Plattforme­n versteht er es, auch junge Wähler abzuholen. Er postet viel und stellt schon mal Kinderfoto­s von sich ins Netz. Seine zweite Ehefrau ergänzt das Programm auf Facebook mit Selfies vom Frühstücks­tisch und Bildern mit ihrem Kind bei Geburtstag­sfeiern.

Im Gegensatz zu vielen seiner Parteikoll­egen entfuhr Hofer nur selten ein scharfes Wort. Ein anderes Bild gab es allerdings bei Auftritten im kleinen Kreis von Parteifreu­nden. Da wurde dann in gewohnter FPÖ-Manier die Schuld an vielen Landesprob­lemen Ausländern und Flüchtling­en zugeschrie­ben. Seinen Mitbewerbe­r, den Ex-Grünen-Chef Alexander Van der Bellen, bezeichnet­e er als „faschistis­chen, grünen Diktator“. Denn so verbindlic­h das „freundlich­e Gesicht“der FPÖ auch wirkt, in der Sache ist er voll auf Linie der rechten Partei. Der Sportschüt­ze hat das freiheitli­che Parteiprog­ramm sogar maßgeblich geschriebe­n. Er gilt als einer der wichtigste­n Berater von Parteichef Heinz-Christian Strache. dpa

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FOTO: AFP Lächelnd zum Erfolg: FPÖ-Chef Stache und Präsidents­chaftskand­idat Hofer feiern den Parteisieg am Wahlabend.

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