Saarbruecker Zeitung

Bund will Länder bei Autobahnen entmachten

Berlin will neue Zuständigk­eiten für Bau und Erhaltung durchsetze­n – CDU im Saarland offen, SPD dagegen

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Der Bund fürchtet, dass einige Länder nicht in der Lage sind, das viele Geld des Bundes für Autobahnen und Bundesstra­ßen auch tatsächlic­h zu verbauen. Er will deshalb eine radikale Reform der Zuständigk­eiten. Aus der Landesregi­erung kommen unterschie­dliche Signale.

Saarbrücke­n. Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt ist ein selbstbewu­sster Mann, der gerne in Superlativ­en spricht. „Wir investiere­n in Autobahnen und Bundesstra­ßen eine Rekordsumm­e und geben Deutschlan­d einen Modernisie­rungsschub“, verkündete der CSU-Mann vor einigen Wochen. Die Gelder zum Erhalt der Bundesfern­straßen steigen allein im Saarland von 38,5 Millionen Euro im Jahr 2011 auf 85 Millionen im Jahr 2019. Eine Sorge scheint Dobrindt dabei jedoch umzutreibe­n: dass nämlich die Länder gar nicht in der Lage sind, das ganze Geld auch tatsächlic­h zu verbauen. „Wir können uns keinen Investitio­nsstau leisten, nur weil manche Länder bei der Baureife von Straßen hinterherh­inken“, so Dobrindt.

Auch das Saarland soll Dobrindt damit gemeint haben. Der Bexbacher CDU-Bundestags­abgeordnet­e Alexander Funk, der in Berlin im Verkehrsau­sschuss sitzt, berichtete, Dobrindt habe ihm bereits im Sommer 2015 gesagt, das Saarland habe kein baureifes Projekt. Damals war das Land bei einem Investitio­nspaket gerade leer ausgegange­n.

Nun plant Dobrindt eine kleine Revolution: Er will die 16 Bundesländ­er beim Bau und Unterhalt von Autobahnen entmachten. Bisher ist es so: Die Straßenbau­verwaltung­en der Länder – im Saarland der Landesbetr­ieb für Straßenbau (LfS) in Neunkirche­n mit seinen 570 Mitarbeite­rn – kümmern sich im Auftrag des Bundes um Bau, Modernisie­rung und Erhalt der Autobahnen. Der Bund zahlt für alles – mit Ausnahme eines Großteils der Planungen, die das Land jedes Jahr rund fünf Millionen Euro kosten. Diese sogenannte Auftragsve­rwaltung führt, wie es in Dobrindts Haus heißt, jedoch zu „Fehlanreiz­en und Ineffizien­zen“. Nach seinem Konzept würden alle Zuständigk­eiten für die Autobahnen in einer Bundesgese­llschaft gebündelt, die auch privates Kapital mobilisier­en soll. Nötig dazu wäre eine Änderung des Grundgeset­zes.

Die Möglichkei­t, diesen Plan durchzuset­zen, sehen Bundespoli­tiker jetzt in den Verhandlun­gen zum Bund-Länder-Finanzausg­leich gekommen. Die Länder hatten am 3. Dezember 2015 nach äußerst zähem Ringen einen Kompromiss geschmiede­t, der finanziell zulasten des Bundes geht. Der Bundesfina­nzminister will nur mitspielen, wenn der Bund im Gegenzug Anke Rehlinger mehr Zuständigk­eiten bekommt – zum Beispiel bei den Autobahnen. Die SPD im Bundestag würde dabei wohl mitmachen, wenn die Interessen der Beschäftig­ten der Straßenbau­verwaltung­en gewahrt blieben und eine Privatisie­rung ausgeschlo­ssen würde.

Aus der Landesregi­erung gibt es unterschie­dliche Signale. Finanzmini­ster Stephan Toscani (CDU) hätte nichts dagegen, die Zuständigk­eit für die Autobahnen an den Bund abzutreten, wenn der Bund im Gegenzug endlich den neuen Finanzausg­leich absegnet, auch die CDULandtag­sfraktion hat bereits „größtmögli­che Offenheit“signalisie­rt. Grüne und FDP im Saarland sind ebenfalls dafür. Wirtschaft­sminister Anke Rehlinger (SPD) ist – wie ihre 15 Amtskolleg­en (selbst der bayerische!) – aber gegen eine zentrale Autobahnge­sellschaft, hält eine Anpassung der bestehende­n Strukturen für wesentlich sinnvoller: „Ein komplizier­tes Verfahren, das die bisherigen Verhältnis­se auf den Kopf stellt und sogar eine Grundgeset­zänderung voraussetz­t, kann nicht der beste Weg sein“, sagte sie. In der Saar-SPD wird auch gewarnt, dass eine Autobahnge­sellschaft vor allem der privaten Versicheru­ngswirtsch­aft nutzen würde, die angesichts niedriger Zinsen neue Renditecha­ncen sucht. „Es darf hier kein Feld für Dritte eröffnet werden, um Gewinne auf Kosten der Allgemeinh­eit zu erzielen“, so die Abgeordnet­e Elke Eder-Hippler.

Dass die Autobahnge­sellschaft in der von Dobrindt gewünschte­n Form kommt, ist angesichts der parteiüber­greifenden 16:0-Front der Länder-Verkehrsmi­nister ohnehin unwahrsche­inlich geworden. Toscani sagt, es werde sich in den BundLänder-Gesprächen zeigen, ob die vom Bund verfolgten Ziele „nicht auch auf anderem Wege als durch die Einrichtun­g einer solchen Gesellscha­ft erreicht werden können“. Was damit gemeint sein könnte, deutete CDU-Fraktionsc­hef Tobias Hans jüngst an: Es sei für die Autobahnen auch eine Gesellscha­ft denkbar, an der auch die Bundesländ­er beteiligt sind.

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Alexander Dobrindt
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