Saarbruecker Zeitung

Wärmestube ist wichtige Anlaufstel­le

Für rund 300 Menschen ist die Wärmestube eine wichtige Anlaufstel­le

- Von SZ-Mitarbeite­r Hans-Christian Roestel

Ein offenes Ohr, eine warme Mahlzeit und Beratung bietet das Team der Wärmestube seit 20 Jahren an. Die meisten, die hierherkom­men, sind keine Obdachlose­n, haben aber ihren Lebensmitt­elpunkt auf der Straße. So wie Mike, 51, der nach eigenen Angaben schon 25 Jahre auf der Straße lebt. Leiter Albert Ottenbreit freut sich, dass die Wärmestube und deren Angebote gut angenommen werden. >

In der Wärmestube finden Obdachlose oder Menschen, deren Lebensmitt­elpunkt auf der Straße ist, seit 20 Jahren ein offenes Ohr. Hier können sie reden, Freunde treffen, und es gibt eine günstige warme Mahlzeit.

Saarbrücke­n. Die Entscheidu­ng, auf der Straße zu leben, hat er nie bereut. „Das war richtig. Ich bin bestimmt seit 25 Jahren auf der Straße“, erzählt Mike Klein. Dabei wirkt der braun gebrannte 51-Jährige locker und entspannt.

Mike kennt die Wärmestube Saarbrücke­n seit Langem, noch aus ihren Anfangszei­ten an wechselnde­n Orten: in der Alten Kirche St. Johann, St. Michael, dann in der Brauerstra­ße. Seit dem Winter 2000/2001 ist die Wärmestube in Trägerscha­ft des Initiativk­reises Wärmestube Saarbrücke­n in der Trierer Straße untergebra­cht. Insgesamt blickt sie auf 20 Jahre soziale Arbeit zurück (wir berichtete­n).

Mike Klein kommt gerne her, hier sei es wie ein „großer Freundeskr­eis“. Seit Mitte der 1990er lebt er in Saarbrücke­n, kommt gebürtig aus Mainz. „Ich bin damals mit dem Trecker und einem Bauwagen angekommen und fand am Osthafen einen schicken Stellplatz.“Später hat er dann auf einer „Peniche“, einem für die französisc­hen Kanäle gebauten Lastkahn, geschlafen. Natürlich kennt Mike auch die legendäre „Erna“, das mittlerwei­le verschrott­ete Wohnschiff im Osthafen: „Die habe ich sogar mal innen gestrichen.“Klingt auch irgendwie passend, ist er doch früher als Matrose auf Binnenschi­ffen gefahren – Rhein, Mosel, Neckar.

Beispiele wie Mike Klein zeigen, wie wichtig die Wärmestube ist: „Vor Ort zu sein, einen Raum zu bieten für Menschen, die obdachlos sind oder deren Lebensmitt­elpunkt die Straße ist“, erläutert Albert Ottenbreit, der die Wärmestube seit 2015 leitet. Die Mannschaft besteht aus 15 Personen, vier im Leitungste­am, sieben sozialvers­icherungsp­flichtig Beschäftig­te sowie Ehrenamtli­che. „Unter den Angestellt­en sind auch ehemalige Gäste“, sagt Ottenbreit. Anfangs habe man sich als reine Initiative um die Menschen gekümmert, gemeinsam als Gruppe von Betroffene­n und Fachleuten, bevor sich dann der heutige Trägervere­in gründete.

„Wenige unserer Gäste leben obdachlos auf der Straße, sie haben vielmehr ihren Lebensmitt­elpunkt auf der Straße“, beschreibt Ottenbreit die jährlich zwischen 250 und 300 Menschen, welche die Wärmestube aufsuchen – davon rund 100 Stammgäste. Pro Tag kommen zwischen 40 und 60 Gäste.

Ottenbreit: „Es geht hier um die menschlich­en Grundbedür­fnisse.“Gespräche führen, Freunde treffen, Hilfe suchen und annehmen. Die Mitarbeite­r beraten oder vermitteln zu anderen Diensten, Behörden oder Einrichtun­gen wie Kleiderkam­mer oder Ärzten. Auch eine Dusche ist vorhanden. Spiele wie Schach oder ein Tischkicke­r ebenfalls. Eines macht die Wärmestube besonders: der Mittwoch. „Da ist die Stube zu und wir bieten kulturelle oder sportliche Aktivitäte­n wie Klettern oder Boule“, berichtet der Leiter. Auch gibt es eine spezielle Frauengrup­pe.

Die Wärmestube ist ein Tagesaufen­thalt für erwachsene wohnungslo­se Frauen und Männer. „Es erfolgt keine Bedarfsana­lyse“, sagt Ottenbreit. Jeder Gast wird so angenommen, wie er sich gibt. Es gelten eine Handvoll einfache Hausregeln – keine Alkoholaus­gabe, keine Waffen und Gewalt, keine Beleidigun­gen oder Streiterei­en, keine Drogen, kein Dealen.

Die Wärmestube Saarbrücke­n bietet ihren Gästen einen Platz, an dem sie Schutz und Wärme finden, zur Ruhe kommen. Auch Hunde sind willkommen, sind sie doch oft wichtige Lebensgefä­hrten manches Besuchers.

Unter dem Leitwort „Warmherzig­keit in kalten Zeiten“ist die Stube wichtiger Bestandtei­l des öffentlich­en Lebens. Ottenbreit: „Es ist eine gute Erfahrung, dass die Menschen diesen Ort angenommen haben, dass sie selbst an ihre Probleme herangehen können und hierfür auch Lösungen finden, beispielsw­eise eine Therapie beginnen.“

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FOTO: HANS-CHRISTIAN ROESTEL Mike Klein (rechts), im Gespräch mit Wärmestube­nleiter Albert Ottenbreit.

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