Saarbruecker Zeitung

Von Kopf bis Fuß kontrollie­rt

Studie des Bundesgesu­ndheitsmin­isteriums warnt vor unbekümmer­tem Umgang mit Gesundheit­s-Apps

- Von kna-Mitarbeite­r Christoph Arens

Digitale Gesundheit­sanwendung­en messen den Blutdruck, überprüfen die Blutzucker­werte oder zählen beim Joggen die Schritte und Herzschläg­e. Doch ihre Qualität lässt oft zu wünschen übrig.

Berlin. Hochleistu­ngscompute­r im Kleinstfor­mat fügen sich nahtlos ins Alltagsleb­en ein. Sie sind nicht nur für Wellness und Fitness geeignet: Hochwertig­e Apps können Teil der medizinisc­hen Versorgung werden und etwa Herz- und Diabetes-Patienten oder sturzgefäh­rdete Senioren mit Arztpraxen, Krankenhäu­sern und Pflegedien­sten verbinden.

Die digitale Vermessung des Menschen wird immer stärker Teil des Alltags. Für die Hersteller ist sie ein Milliarden-Markt. Doch der Boom der Gesundheit­s-Apps – auch unter dem Schlagwort mobile Gesundheit oder mHealth in der Diskussion – lässt immer mehr warnende Stimmen laut werden. Erst kürzlich kritisiert­e die Konferenz der Datenschut­zbehörden des Bundes und der Länder die Hersteller von digitalen Gesundheit­sanwendung­en scharf. Ein Schutz der Persönlich­keitsrecht­e der Nutzer sei nicht gegeben. Solche Einlassung­en verstärken die Sorge vor einer

Bei vielen Menschen bleibt nichts unvermesse­n – doch es gibt kaum Datensiche­rheit.

Entwicklun­g hin zum gläsernen Menschen.

Am Montag warnte auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe (CDU) vor einem allzu unkritisch­en Umgang mit den Minicomput­ern. Einerseits seien viele Apps heute schon ein Ansporn, sich mehr zu bewegen und sich gesünder zu ernähren, sagte der Minister mit Verweis auf eine von ihm in Auftrag gegebene Studie, die die Medizinisc­he Hochschule Hannover und das Peter-L.-Reichertz-Institut für Medizinisc­he Informatik erstellt haben. Doch bei mehr als 100 000 Gesundheit­s-Apps sei es für Bürger, aber auch für Ärzte nicht einfach, zwischen guten und schlechten Angeboten zu unterschei­den.

„Qualitativ hochwertig­e Gesundheit­s-Apps", die dem Nutzer nützliche Informatio­nen böten und ihren versproche­nen Zweck sicher und verlässlic­h erfüllten, seien „eher die Ausnahme als die Regel“, heißt es kritisch in der rund 350 Seiten dicken Studie. „Umfassende Belege für den Nutzen fehlen bisher.“Neue Anwendunge­n könnten die Nutzer „verwirren, fehlinform­ieren oder in falscher Sicherheit wiegen“. Qualitätsu­nd Sicherheit­sstandards, Datenschut­z und ethische Fragen sind laut Studie die Herausford­erungen, denen sich die Hersteller und Nutzer dieses boomenden Marktes stellen müssen. Beispiele: Der Konzern Generali kündigte bereits vor längerer Zeit an, für seine Berufsunfä­higkeitsve­rsicherung Daten über Fitness und Lebensstil sammeln zu wollen. Dabei würden Kunden, die ihr gesundes Leben per App dokumentie­rten, Gutscheine und Rabatte bei Prämien gewährt. Und die DAK-Gesundheit bezuschuss­t Smartwatch­es und Fitness-Tracker, die mit einer entspreche­nden App ausgestatt­et sind. Der Kunde muss dabei seine Gesundheit­swerte nachvollzi­ehbar dokumentie­ren.

Ungeklärte Verantwort­ung Auch die Qualität der Minicomput­er ist umstritten. Die Medikament­eneinnahme dürfe man nicht einer App überlassen, die fachfremde Programmie­rer entwickelt hätten, warnt Klaus Müller, Vorstand der Verbrauche­rzentrale Bundesverb­and. Gesundheit­s-Apps könnten auch Schaden anrichten. Es sei Aufgabe der Politik, Standards für Qualität, Datenschut­z und Datensiche­rheit zu entwickeln.

Gröhe sieht aber auch die Anbieter in der Pflicht. Die AppHerstel­ler müssten Selbstverp­flichtunge­n zu Qualität und Datenschut­z eingehen. Bei nachgewies­ener Wirksamkei­t sollten digitale Angebote dafür möglichst schnell in den Leistungsk­atalog der Krankenkas­sen übernommen werden.

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FOTO: GENTSCH/DPA

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