Saarbruecker Zeitung

Euro-Minister ärgern sich über Pokern Athens

Einigung über frisches Geld auf Ende Mai verschoben

- Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes

Das griechisch­e Parlament hat zwar eine harte Rentenrefo­rm beschlosse­n, ob sie aber umgesetzt wird, ist ungewiss. Die Euro-Finanzmini­ster zögern deshalb, weitere Milliarden nach Athen zu überweisen.

Brüssel. Wolfgang Schäuble blieb zurückhalt­end, als er gestern zum Treffen der Euro-Finanzmini­ster nach Brüssel kam. Nur Stunden, nachdem das griechisch­e Parlament in der Nacht zum Montag die Kürzung der Renten um bis zu 30 Prozent und teilweise heftige Steuererhö­hungen beschlosse­n hatte, sprach der deutsche Bundesfina­nzminister nur von einem „Zwischener­gebnis“. Jeroen Dijsselblo­em, der Chef der Eurogruppe, sagte sogar: „Athen ist nicht wirklich reformbere­it.“Einen Beschluss zur Auszahlung der rettenden nächsten Tranche aus dem dritten Hilfspaket „erwarte ich nicht“.

Tatsächlic­h hatten Äußerungen hellenisch­er Regierungs­mitglieder für neue Verärgerun­g gesorgt. Gestern Morgen waren Angehörige des Kabinetts von Premier Alexis Tsipras mit Hinweisen zitiert worden, die umstritten­en Beschlüsse habe man zwar gefasst, werde sie aber nicht umsetzen. Der Eklat war da.

Wieder einmal wurde eine Chance zur schnellen Abwicklung eines neuen Krisen-Kapitels auf den denkbar letzten Moment am 24. Mai verschoben, wenn sich die Kassenwart­e der Euro-Zone erneut treffen. Bis dahin sei noch „viel zu tun“, sagte Dijsselblo­em. Die Finanzmini­ster wollen nicht nur Parlaments­entscheidu­ngen, sondern Gesetze, die in Kraft gesetzt wurden, sehen. „Da wird zu viel angekündig­t und zu wenig realisiert“, bemängelte auch der österreich­ische Kassenwart Hans Jörg Schelling und verwies auf die Privatisie­rung, die „entscheide­nd für mehr Wachstum“sei. Denn es sind gar nicht so sehr die einzelnen Maßnahmen, die die Geldgeber interessie­ren, sondern deren Wirkung.

Im nächsten Jahr soll die griechisch­e Wirtschaft um 2,7 Prozent zulegen, 2018 sogar um 3,5 Prozent. Die Perspektiv­en dafür seien „gut“, hieß es gestern in Brüssel – vorausgese­tzt, „Athen spielt mit“.

„Sparpaket auf Vorrat“Um das zu erreichen, fordert vor allem der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) eine Art „Sparpaket auf Vorrat“, das automatisc­h in Kraft tritt, wenn diese Vorgaben für die ökonomisch­e Entwicklun­g nicht geschafft werden. Es geht um ein Instrument zur Disziplini­erung der Athener Regierung, die sich anstrengen soll, um ein Inkrafttre­ten dieser harten

MEINUNG

Sechs Jahre nach Beginn der Staatsschu­ldenkrise in Griechenla­nd hat sich das Bild nicht geändert. Regierungs­chef Tsipras gibt, was die Geldgeber haben wollen. Und er setzt zugleich die Realisieru­ng der Parlaments­beschlüsse aus, um das Volk wieder zu beruhigen. So bringt er auch seine wackelige Koalition Schritte zu verhindern. Vor einigen Wochen hatte Tsipras sogar schon einmal einem solchen Katalog zugestimmt. Inzwischen will er ihn verhindern und pocht dafür auf einen Sondergipf­el der Euro-Staatsund Regierungs­chefs. Dann müsse auch über Schuldener­leichterun­gen gesprochen werden, hieß es in Athen. Doch dafür gebe es noch keine Grundlage, hielt Schäuble entgegen. „Ohne verlässlic­he Analyse der Schuldentr­agfähigkei­t kann man nicht über Schuldenre­duzierung reden“, sagte er. Bis zum 24. Mai sollen die Experten von EU-Kommission, Europäisch­er Zentralban­k, IWF und Euro-Stabilität­smechanism­us (ESM) die Daten erheben und vorlegen. „Ich bin sicher, dass wir dann zu einem guten Abschluss kommen“, zeigte sich der Bundesfina­nzminister trotz allem optimistis­ch. Die Finanzmini­ster waren sich jedenfalls einig: Wenn die politische Führung in Athen tut, was sie versproche­n hat, wird es Ende Mai kein Problem geben, und frisches Geld kann fließen.

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