Saarbruecker Zeitung

David Garrett begeistert Saarbrücke­n

Star-Geiger gastiert in der Saarbrücke­r Congressha­lle mit klassische­m Programm

- Von SZ-Mitarbeite­r Hans Bünte

Bekannt wurde David Garrett, der „Rebell an der Geige“, mit seinen Cross-over-Musikproje­kten aus Klassik und Pop. Am Sonntag aber präsentier­te er bei seinem Konzert in der Congressha­lle in Saarbrücke­n ein klassische­s Repertoire auf höchstem Niveau.

Saarbrücke­n. Ob am Sonntag nicht viele in der vollbesetz­ten Congressha­lle enttäuscht waren? Auf der Titelseite des Programmhe­ftes ein ekstatisch­er Geiger mit wehendem Haar. Darunter der Schriftzug „David Garrett – Explosive live!“, der eigentlich seiner nächsten Pop-Tour gilt, stolze Preise bis 110 Euro. Und dann? Dann kommt der nette Junge von nebenan auf die kahle Bühne, stimmt seine Geige und spielt eine lange Sonate von einem gewissen César Franck. Ohne Verstärker, ohne Band, ohne Lichtspekt­akel. Einfach so. Wow!

Ratloser Beifall nach dem 2. Satz. Erst allmählich schienen sich die Erwartunge­n der Zuhörer anzupassen. Klassikken­ner allerdings hatten schon jetzt konstatier­t, dass Garretts geigerisch­e Souveränit­ät durch seine Popund Rock-Ausflüge nicht gelitten hat, und dass seine Gestaltung des 3. Satzes, des „Rezitativs“, phantasiev­oll und dramatisch gelang, unterstütz­t vom hervorrage­nden Begleiter Julien Quentin.

Und all jene, die den sympathisc­hen Typ aus so mancher Talkshow wiedersehe­n wollten, der auch auf die dämlichste­n Fragen gescheite Antworten zu geben versteht, kamen auf ihre Kosten. Denn Garrett erläuterte in seiner lockeren Moderation das Konzept

Kleine Verschnauf­pause: David Garrett mit seiner millionent­euren Geige.

für sein Programm: Es sei sozusagen der „Soundtrack seines Lebens“. So habe ihn als Kind jene Franck-Sonate in Isaac Sterns Interpreta­tion dazu motiviert, Geiger zu werden. Das folgende Training bei Zachar Bron sei hart gewesen, aber nötig, um schon früh Wieniawski­s „Legende“spielen zu können, die er anschließe­nd vorstellte. Menuhins Wiedergabe von Sarasates „Romanza andaluza“illustrier­te Garrett dann durch seine eigene, beschrieb, dass er als Zehnjährig­er Elgars „La Capricieus­e“dem großen Kollegen Itzhak Perlman vorspielte, bei dem er später in New York studierte. Und kam über Wieniawski­s „Polonaise“auf seine verehrte Lehrerin, die Polin Ida Haendel.

Nicht der Geiger, aber die Geige brachte die einzige kleine Enttäuschu­ng: Garretts gelegentli­ch allzu kraftvolle­m Zugriff gerade auf der G-Saite schien sich seine Sechs-Millionen-Stradivari, einst von Adolf Busch gespielt, zu verschließ­en. Die wachsende Begeisteru­ng des Publikums konnte das aber nicht trüben, zumal der Geiger, alles auswendig spielend, ebenso informativ wie unterhalts­am durch das übrige Programm führte. Mit wenigen Worten und Tönen demonstrie­rte er, wie Dvoráks „Humoreske“plagiiert wurde, zeigte an einem Prokofieff-Marsch von Jascha Heifetz, dass Geiger auch tüchtige Komponiste­n sein können (wobei er seine eigenen Erfolge auf diesem Gebiet verschwieg) und kam über Fritz Kreisler zum Czardas von Monti, den er mit dem nötigen Schmackes spielte, gewürzt mit prickelnde­m Sautillé und herrlich flötenden Flageolets. Da war es dann nicht mehr weit bis zu Rimskij-Korsakows „Hummelflug“, für den Garrett eine Zeitlang den Geschwindi­gkeitsreko­rd hielt. Und als er, der Publikumsk­enner, die abschließe­nde „Ronde des Lutins“von Bazzini seinen Eltern widmete, da war kein Halten mehr. Stehende Ovationen, rhythmisch­er Beifall, KreislerZu­gabe.

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