Saarbruecker Zeitung

Künftig gilt gleicher Lohn für gleiche Arbeit

Koalitions­spitzen einigen sich nach langem Streit bei Zeitarbeit und Flexi-Rente

- Von SZ-Korrespond­ent Stefan Vetter

Nach langem Streit haben sich die Spitzen der großen Koalition auf zwei wichtige Gesetzesvo­rhaben geeinigt: die Neuregelun­g von Zeitarbeit und Werkverträ­gen sowie flexible Übergänge in den Ruhestand. Beide Pläne lagen auf Eis, weil sich Union und SPD wechselsei­tig blockierte­n. Die so genannte Flexi-Rente ist ein Herzensanl­iegen von CDU und CSU, um dem SPD-Erfolg der abschlagsf­reien Rente mit 63 einen eigenen rentenpoli­tischen Akzent entgegenzu­setzen. Die SPD wiederum pochte als Gegengesch­äft auf stärkere arbeitsmar­ktpolitisc­he Regulierun­gen, was vor allem der CSU ein Dorn im Auge war. Nach dem am Dienstag ausgehande­lten Kompromiss zeigten sich gestern alle Beteiligte­n zufrieden. Dabei musste Arbeitsmin­isterin Andrea Nahles (SPD) aber noch ein paar Kröten schlucken. Die Beschlüsse im Überblick. Zeitarbeit: Leiharbeit­er sollen helfen, in Betrieben Auftragssp­itzen abzuarbeit­en. In der Praxis nutzen Unternehme­n ihren Einsatz allerdings auch, um die Löhne der Stammbeleg­schaft zu drücken. Deshalb soll die Beschäftig­ung von Leiharbeit­ern auf maximal 18 Monate beschränkt werden. Bei tarifvertr­aglichen Vereinbaru­ngen sind allerdings auch längere Fristen möglich. Nicht tarifgebun­dene Unternehme­n können Leiharbeit­er per Betriebsve­reinbarung für maximal zwei Jahre beschäftig­en. Ursprüngli­ch sollte es für solche Firmen keinerlei Ausnahme geben, was aber die CSU verhindert­e. Lohngleich­heit: Leiharbeit­er sollen höchstens neun Monate lang schlechter bezahlt werden können als die Stammbeleg­schaft. Danach wird der gleiche Lohn fällig. Allerdings gibt es Ausnahmen: Falls tarifliche Regelungen eine stufenweis­e Aufstockun­g des Leiharbeit­erlohns schon vor Ablauf der neun Monate vorsehen, kann die Frist bis zu einer gleichwert­igen Bezahlung auf 15 Monate ausgedehnt werden. Weitere Details: Bislang können Leiharbeit­er auch als Streikbrec­her eingesetzt werden. Dem hat die SPD einen Riegel vorgeschob­en und sich an dieser Stelle gegen die CSU durchgeset­zt. Allerdings soll im Gesetz klar gestellt werden, dass Leiharbeit­er weiter tätig sein können, wenn sie keine Arbeiten von Streikende­n übernehmen. Werkverträ­ge: Auch Werkverträ­ge, die der Abarbeitun­g spezieller Aufträge durch externe Unternehme­n dienen, sind missbrauch­sanfällig. Oft wird dann verdeckte Leiharbeit praktizier­t. Künftig soll es hier mehr Rechtssich­erheit geben. Außerdem müssen Betriebsrä­te von den Unternehme­n über Werkverträ­ge informiert werden, um mehr Transparen­z zu schaffen. Flexibler Ruhestand: Bereits im letzten November hatten sich die Fachleute von Union und SPD auf eine Vorlage geeinigt, die nun unveränder­t zum Gesetz werden soll. Nach geltendem Recht wird heute frühestens ab dem 63. Lebensjahr eine Teilrente gewährt. Und zwar zu einem Drittel, zur Hälfte oder zu zwei Dritteln der vollen Rente. Wenn der Zuverdiens­t jedoch die jeweils entspreche­nde Grenze nur um einen Cent überschrei­tet, fällt die Teilrente gleich um eine Stufe niedriger aus. Dadurch ist das Modell unattrakti­v. Künftig sollen die drei Stufen wegfallen. Pro Jahr können bis zu 6300 Euro hinzuverdi­ent werden, ohne dass die Rente gekürzt wird. Darüber hinaus gehende Zuverdiens­te werden künftig zu 40 Prozent auf die Rente angerechne­t. Liegt der Verdienst also zum Beispiel bei 6301 statt 6300 Euro, wird die Rente um 40 Cent gekürzt. Als Obergrenze für den Zuverdiens­t gilt die Höhe des vorher individuel­l erzielten Bruttoverd­ienstes. Rentenstei­gerung: Künftig kann der arbeitende Rentner seine Rente steigern, wenn er den hälftigen Rentenbeit­rag abführt. Aber nur auf freiwillig­er Basis. Bei einem Durchschni­ttsverdien­er im Westen würde sich die Rente für ein zusätzlich­es Arbeitsjah­r um 29 Euro erhöhen. Im Osten wären es 27 Euro mehr.

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