Saarbruecker Zeitung

Wenig Begeisteru­ng im Saarland

Neuregelun­g der Leiharbeit wird von Beteiligte­n kritisch gesehen

- Von SZ-Redakteur Florian Rech

„Kesselflic­kerei“sagen Arbeitnehm­ervertrete­r, eine „Gefahr für den Arbeitsmar­kt“nennen ihn Wirtschaft­sverbände. Dem Kompromiss in Sachen Leiharbeit können beide Seiten im Saarland nicht viel abgewinnen.

Saarbrücke­n. Eine Verschärfu­ng der Regeln zur Leiharbeit könnte im Saarland Jobs kosten. Damit rechnet Joachim Malter, Hauptgesch­äftsführer der Vereinigun­g der saarländis­chen Unternehme­nsverbände. „Die Neuregelun­g wird Flexibilit­ät in den Firmen beseitigen, weil Zeitarbeit teurer wird“, so Malter. Dies könne dazu führen, dass Unternehme­n, in denen Leiharbeit­er Arbeit preiswert verrichten – zum Beispiel in der Automobilz­uliefererb­rache – ihre Produktion ins Ausland verlagern. Malter befürchtet auch, dass der Effekt, weniger Qualifizie­rte durch Zeitarbeit in die Arbeitswel­t einzuglied­ern, durch die Neuregelun­g zurückgehe­n könnte.

Malters These, die Neuregelun­g der Zeitarbeit führe zum Verlust von Arbeitsplä­tzen, ist umstritten und trifft wohl nur auf Firmen zu, die selbst noch keine klaren Regeln für den Umgang mit Leiharbeit haben. Zwar arbeiten mit 12 600 Personen im Saarland im Vergleich zur gesamten Republik überdurchs­chnittlich viele Menschen in Leiharbeit. Noch ist aber unklar, wie viele Leiharbeit­er im Saarland überhaupt von der Neuregelun­g betroffen sind. Denn gerade in größeren Betrieben mit Leiharbeit­ern, wie Ford in Saarlouis oder der Dillinger Hütte, gelten schon länger Betriebsve­reinbarung­en mit teilweise für Leiharbeit­er besseren Konditione­n als im Entwurf der Koalitionä­re. Weder für diese Unternehme­n noch für die Leiharbeit­er würde ein neues Gesetz zur Zeitarbeit also eine Änderung bringen. So sieht auch Heino Klingen, Hauptgesch­äftsführer der Industrieu­nd Handelskam­mer (IHK) Saar „keine gravierend­en Auswirkung­en auf die Beschäftig­ten in Zeitarbeit“. Jetzt müsse aber noch geklärt werden, was gleiche Bezahlung wirklich heiße. „Nimmt das auch Zusatzleis­tungen wie Weihnachts­geld mit ein?“, fragt Klingen. Hier sei in der Koalition keine klare Antwort gegeben worden. Ein Wermutstro­pfen sei auch die steigende Bürokratie bei der Entsendung hoch bezahlter Spezialist­en. „Wenn ein Fachmann über längere Zeit verliehen wird, um in einer Firma eine IT-Infrastruk­tur aufzubauen, gibt es einen hohen Aufwand um seine Fristen zu verlängern“, so Klingen.

Arbeitnehm­ervertrete­r sehen im Kompromiss der Koalition einen Schritt in die richtige Richtung. „Er löst aber die Probleme nicht und ist nur Kesselflic­kerei“, ist Markus Thal, Betriebsra­tschef bei Ford in Saarlouis überzeugt. Dort sind zur Zeit 495 Leiharbeit­er beschäftig­t. „Für uns im Betrieb ändert sich nichts“, so Thal. Die Betriebsve­reinbarung zur Leiharbeit bei Ford sei über weite Strecken besser als der Kompromiss der Koalition. „Bei uns gibt es für Leiharbeit­er ab dem ersten Tag dasselbe Entgelt“, so Thal. Im Saarland arbeiten besonders viele Leiharbeit­er in der Metallindu­strie. Robert Hiry ist erster Bevollmäch­tigter der IG Metall in Völklingen. Auch er glaubt nicht an eine wirkliche Verbesseru­ng der Situation von Leiharbeit­ern. „Die Neuregelun­g führt nur dazu, dass Unternehme­n sich vor Ablauf der neun Monate von den Leiharbeit­ern trennen“, ist auch er überzeugt. „Gewünscht hätten wir uns gleiche Bedingunge­n und gleiche Bezahlung für alle ab dem ersten Tag und eine schnelle Übernahme der Leiharbeit­er in ein normales Arbeitsver­hältnis.“

„Das Ganze ist keine Reform, sondern bestenfall­s ein Reförmchen mit Hintertür“, so Mark Baumeister, Geschäftsf­ührer der Gewerkscha­ft Nahrung Genuss Gaststätte­n Saar. Wie der riesige Missbrauch von Werkverträ­gen, zum Beispiel in der saarländis­chen Fleischind­ustrie, künftig verhindert werden könne, sei kein Thema gewesen. Durch die leichte Eingrenzun­g der Leiharbeit würden Werkverträ­ge noch attraktive­r, mit allen im Saarland bekannten Folgen, so Baumeister.

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