Saarbruecker Zeitung

Windkraft-Branche will mehr Spielraum

Offshore-Industrie kritisiert geplante Gesetzesre­form

- Von SZ-Korrespond­ent Werner Kolhoff

Die noch junge Branche der Windkraft vor den Küsten befürchtet einen „Fadenriss“in ihrem Geschäft, wenn die Reform des Erneuerbar­e-Energien-Gesetzes wie geplant beschlosse­n wird.

Berlin. Kurz vor einem Treffen der Ministerpr­äsidenten der Länder mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) heute in Berlin wächst der Druck auf Änderungen an dem von Wirtschaft­sminister Sigmar Gabriel (SPD) vorgelegte­n Entwurf für eine Reform des Erneuerbar­e-Energien- Gesetzes (EEG). Nach der Bio-Energiebra­nche und den Betreibern von Windrädern an Land meldeten sich gestern auch die Verfechter der Offshore-Windenergi­e energisch zu Wort. Die noch junge Branche für Stromerzeu­gung vor den Küsten fürchtet einen „Fadenriss“, kaum dass sie den Kinderschu­hen entwachsen ist.

Gabriel plant mit der Reform im Wesentlich­en eine Systemumst­ellung von der garantiert­en Förderung von Ökostrom je eingespeis­ter Kilowattst­unde auf ein Ausschreib­ungssystem. Vereinfach­t gesagt: Es soll jene Firma eine Anlage bauen und betreiben dürfen, die am wenigsten EEGFörderu­ng für den Strom haben will. So sollen die Kosten, die am Ende die Verbrauche­r über die EEG-Umlage (derzeit 6,35 Cent

In der Ostsee vor der deutschen Küste drehen sich mehr als 100 Windräder.

je Kilowattst­unde) zahlen, mittelfris­tig sinken. Die Zubaumenge­n werden gleichzeit­ig begrenzt, um die Gesamtkost­en zu deckeln.

Vor allem daran entzündet sich in allen Branchen die Kritik, während das Ausschreib­ungssystem durchaus akzeptiert wird. So argumentie­rt auch die „Stiftung Offshore Windenergi­e“. Man komme mit den bis 2030 geplanten 15 Gigawatt Gesamtleis­tung zurecht, sagte gestern Stiftungsc­hef Jörg Kuhbier. Nicht aber mit den jährlichen Vorgaben von nur noch 730 Megawatt Zubau, auf die die Ausschreib­ungen in diesem Bereich begrenzt werden sollen. Die Offshore-Industrie mit ihrem hohen Investitio­nsvorlauf brauche „mehr Flexibilit­ät“. Kuhbier: „Das können mal 900 Megawatt pro Jahr sein, mal weniger“. Kritisiert wurde auch, dass für die Zeit von 2021 bis 2024 nur eine Ausschreib­ung vorgesehen ist, die im nächsten Jahr stattfinde­n soll. So langfristi­g seien Kosten und Rahmenbedi­ngungen kaum zu kalkuliere­n. Daher sei es sinnvoll, mehrere zeitlich verschoben­e Ausschreib­ungen zu machen, eine 2017 und eine weitere 2019. Zudem müsse der Gesetzgebe­r dafür sorgen, dass die Netzanbind­ung sofort auf den Weg gebracht werde, denn die großen Umspannsta­tionen haben eine fünfjährig­e Planungsun­d Bauzeit.

Die Offshore-Windenergi­e erlebt gerade einen steilen Aufschwung. Von den 3,3 Gigawatt Leistung, die derzeit schon am Netz sind, wurden allein zwei Drittel im vergangene­n Jahr zugebaut. Weitere 4,4 Gigawatt sind im Bau, haben bereits eine Zusage für die Netzanbind­ung oder eine Investitio­nsentschei­dung. Derzeit drehen sich 690 Windräder auf der Nordsee und 102 auf der Ostsee. Jedes ist im Schnitt 119,3 Meter hoch. 18 000 Menschen arbeiten in der Branche, aber auch für Zulieferer, etwa Stahlherst­eller. Noch werde die Technologi­e weitgehend von deutschen Anbietern geliefert, heißt es in der Stiftung. „Damit es so bleibt, brauchen wir einen starken Heimatmark­t.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany