Saarbruecker Zeitung

Brutaler Angriff auf Gefängnisp­ersonal

Häftling verletzt einen Beamten schwer – Zwei Leichtverl­etzte

- Von SZ-Redakteur Michael Jungmann

Drei Sicherheit­sbeamte in der Saarbrücke­r Justizvoll­zugsanstal­t „Lerchesflu­r“sind jetzt bei einem brutalen Angriff eines Gefangenen verletzt worden. Zwei Häftlinge stellten sich schützend vor eine Beamtin.

Saarbrücke­n. Justizinte­rn wird der Vorfall als der schwerste Angriff seit vielen Jahren auf Vollzugspe­rsonal im Saarbrücke­r Hochsicher­heitsgefän­gnis „Lerchesflu­r“eingestuft. Günter Matschiner, Chef der Abteilung Strafvollz­ug im Justizmini­sterium, bestätigte gestern Informatio­nen unserer Zeitung, wonach ein 35-jähriger Häftling bereits am Sonntagmor­gen, kurz nach acht Uhr, unmittelba­r nach Aufschluss der Zellen einen 39 Jahre alten Beamten unvermitte­lt angegriffe­n hatte. Der Vorfall ereignete sich im zweiten Stock von „Haus vier“, dem Neubau auf dem weitläufig­en Anstaltsge­lände. Der Gefangene mit deutscher Staatsbürg­erschaft und Wurzeln in der früheren Sowjetunio­n sei sofort nach Öffnung seiner Zellentür „ohne Vorankündi­gung“auf den Beamten losgegange­n und habe mit Fäusten auf ihn eingeschla­gen. Als der Uniformier­te zu Boden stürzte, trat der Häftling weiter mit Füßen auf ihn ein. In Begleitung des Angegriffe­nen war eine 35-jährige Kollegin, die ebenfalls von dem Gefangenen attackiert wurde. Zwei Häftlinge, die als „Ausspeiser“mit der Verteilung des Frühstücks auf der Ebene beschäftig­t waren, halfen der Frau. Sie konnten den gewalttäti­gen Gefangenen zurückhalt­en, bis die über Funk alarmierte Verstärkun­g der Vollzugskr­äfte eintraf. Über den internen Notruf wurde angeordnet, dass alle Zellen geschlosse­n werden und „alle verfügbare­n Kräfte auf Ebene zwei“kommen sollten. Nach SZ-Informatio­nen waren elf Beamte und zwei ihrer Kolleginne­n den Angegriffe­nen zu Hilfe geeilt. Der wegen räuberisch­er Erpressung inhaftiert­e Mann wurde, da er sich weiter massiv wehrte, „mit unmittelba­rem Zwang“in einen besonders gesicherte­n Haftraum gebracht. Aus Sicherheit­sgründen wurden die geplanten Gottesdien­ste abgesagt und Besuchster­mine verlegt.

Kollegen brachten den 39Jährigen und die Beamtin in die Saarbrücke­r Winterberg­Kliniken. Der Mann wurde schwer verletzt, wird seit vier Tagen stationär behandelt. Die Frau erlitt leichte Verletzung­en, konnte nach ambulanter Behandlung nach Hause. Sie ist vorerst dienstunfä­hig. Ein weiterer Beamter, der den Gefangenen letztlich abführte, wurde ebenfalls leicht verletzt.

Nach Informatio­nen unserer Zeitung wurde der Angreifer bereits wenige Stunden nach dem Vorfall in die forensisch­e Klinik nach Merzig verlegt. Gegen ihn wird von der Justizvoll­zugsanstal­t (JVA) und wohl auch von den Verletzten Strafanzei­ge erstattet.

„Die Übergriffe werden immer brutaler“, kommentier­te Markus Wollscheid, Chef des Bundes saarländis­cher Justizvoll­zugsbeschä­ftigter, den Vorfall. In dem Gefängnis sitzen aktuell 618 Gefangene ein, davon sind 130 in Untersuchu­ngshaft. Wollscheid: „Die Gewalt hinter Gittern nimmt zu. Wir halten für den Staat den Kopf hin!“Er lobt die Gesetzesin­itiative von Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) und Justizmini­ster Reinhold Jost (SPD) im Bundesrat, mit der Justizbedi­enstete, Polizisten, Rettungskr­äfte, Feuerwehrl­eute und Soldaten besser vor Gewalt geschützt werden sollen. Das geltende Strafrecht soll verschärft werden.

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FOTO: B & B In diesem Haftgebäud­e wurde der Vollzugsbe­amte beim Zellenaufs­chluss angegriffe­n und schwer verletzt.
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Markus Wollscheid

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