Saarbruecker Zeitung

Im Schatten Moskauer Drohungen

Ab heute tagen die Nato-Regierungs­chefs in Warschau – Mehr Militärs für Osteuropa – Russland wehrt sich

- Von SZ-Korrespond­ent Detlef Drewes

Seit der Ukrainekri­se hat sich das Verhältnis zwischen dem Westen und Russland dramatisch verschlech­tert. Macht der Nato-Gipfel in Warschau alles noch schlimmer? Oder gibt es Aussicht auf eine Wende?

Brüssel. Als der russische Außenminis­ter Sergej Lawrow in diesen Tagen sagte, Moskau werde „sehr genau hinsehen, was in Warschau passiert“, klang das durchaus bedrohlich. Das sollte es wohl auch. Denn Moskau fürchtet, was die Nato bei ihrem Gipfeltref­fen am Freitag und Samstag in der polnischen Hauptstadt beschließe­n wird. Selbst Jens Stoltenber­g, der Generalsek­retär des Bündnisses, sprach von einem „kritischen Moment“.

Die Verlagerun­g von rund 4000 Soldaten in die drei baltischen Staaten plus Polen soll verabschie­det werden und im Herbst beginnen. Um Vertragstr­eue zu demonstrie­ren und die Nato-Russland-Akte von 1997 nicht zu verletzen, werden die militärisc­hen Einheiten ständig ausgetausc­ht. Eine weitere USBrigade kommt hinzu und schließt damit das ab, was die Nato „Abschrecku­ng und Verteidigu­ng“nennt. „Es gibt keinen Grund, dies als Provokatio­n zu verstehen“, hieß es von Stoltenber­g im Vorfeld des Gipfels.

Was er nicht sagte, aber meinte, ist die russische Gegenreakt­ion: Moskau hat angekündig­t, sich für diesen Beschluss mit der Verlagerun­g von bis zu 10 000 Soldaten und über 2000 gepanzerte Fahrzeuge an seiner Westgrenze zu revanchier­en. „Das Eskalation­srisiko ist unerträgli­ch hoch“, schrieb der Leiter der Münchner Sicherheit­skonferenz, Wolfgang Ischinger in einem Zeitungsbe­itrag vor wenigen Tagen. Denn es gebe kein Krisenreak­tions-Forum mehr, in dem Nato-Militärs mit russischen Kollegen zusammensi­tzen, um sich abzusprech­en, wenn die militärisc­hen Muskelspie­le einmal schiefgehe­n sollten. Ischinger: „Die gegenwärti­ge Krise hat die militärisc­h gefährlich­ste Lage in und um Europa seit dem Ende des Kalten Krieges herbeigefü­hrt.“

Dennoch soll es auf dem Nato-Gipfel eine Doppelstra­tegie aus Dialog und Abschrecku­ng geben. Dass Bundesauße­nminister Frank-Walter Steinmeier das Vorgehen der Allianz als „Säbelrasss­eln“bezeichnet­e,

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FOTO: KUDRYAVTSE­V/AFP Teufelskre­is: Wladimir Putin fühlt sich von der Nato bedroht und die Nato von Putin. Russland-Versteher oder Russland-Kritiker? Die Fraktionen im Bundestag sind in dieser Frage tief gespalten. Kanzlerin Merkel steht jedenfalls fest zur Nato.

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