Saarbruecker Zeitung

„Wir werden sehr genau hinsehen, was in Warschau passiert.“

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nicht ohne Folgen. Auch Berlin weiß, dass sich die Mitglieder des Nordatlant­ik-Paktes auf eine Anhebung der Verteidigu­ngsausgabe­n einigen werden. Zwei Prozent der Jahreswirt­schaftslei­stung sollen es sein. Deutschlan­d liegt weit darunter und muss nach 20 Jahren Rückbau der Bundeswehr wieder investiere­n. Hinzu kommen Ungewisshe­iten über den künftigen Kurs. 2017 wird in Frankreich und Deutschlan­d gewählt.

In den USA, dem wichtigste­n Verbündete­n der Allianz, tritt im nächsten Jahr ein neuer Präsident an. Wird es eher die einer harten Militärpol­itik zugeneigte Hillary Clinton sein? Oder doch Donald Trump, der gedroht hat, „auf die Nato zu pfeifen“? In Warschau geht es nicht nur um die Beziehung des Westens zur Russland, sondern auch um die Zukunft der Nato. Russlands Außenminis­ter Sergej Lawrow Berlin. SPD-Faktionsch­ef Thomas Oppermann nimmt Sahra Wagenknech­t fest ins Visier, dann holt er die ganz große Keule raus. Dass die Linke in ihrer Rede von den „Antidemokr­aten in Brüssel“gesprochen habe, wettert Oppermann vom Rednerpult, sei das erste Mal, „dass hier im Bundestag jemand den Sprachgebr­auch der AfD eingeführt hat“. Rums. Es ist die finale Attacke in einer Debatte, die ohnehin viel Pulverdamp­f verursacht. Weil es um den NatoGipfel am Wochenende und das Verhältnis zu Russland geht.

Angela Merkel macht mit ihrer Regierungs­erklärung den Anfang. Sie verteidigt die Truppensta­tionierung des Bündnisses in den östlichen Mitgliedst­aaten, da Russland mit der Annexion der Krim Polen und die baltischen Länder „verstört“habe. Vertrauen sei verlorenge­gangen. Sie setze auf „Abschrecku­ng und Dialog“im Verhältnis zu Moskau. „Das ist ein defensives Konzept“, hält sie jenen entgegen, die eine Rückkehr zum Kalten Krieg fürchten.

Fakt ist allerdings: 27 Jahre nach Ende des Ost-West-Konfliktes sieht sich das Verteidigu­ngsbündnis wieder akut bedroht – eben durch Russland an seiner Ostgrenze und im Süden durch den islamistis­chen Terrorismu­s. Merkel beschreibt die Lage so: „Unsere Welt heute ist eine in Unruhe.“Und wenn man den Satz interpreti­eren möchte, verbirgt sich dahinter auch so etwas wie: „Es reicht.“Genug der Krisen. Linken-Fraktionsc­hefin Sahra Wagenknech­t sieht das vermutlich so wie Merkel, nur stellt sie sich auf die Seite Moskaus. Wagenknech­t spricht vom „Schwachsin­n“der Abschrecku­ng und davon, dass die „Einkreisun­g Russlands“durch die Nato immer weiter vorangetri­eben werde. Jetzt drohe eine „neue Aufrüstung­sspirale“. Selten wird im Parlament ein inhaltlich­er, aber offenbar auch emotionale­r Riss so deutlich wie bei dieser Debatte – links sitzen die Russland-Versteher, rechts davon die Kritiker. Beide Seiten warnen freilich vor dem „gefährlich­en Rückfall in alte Zeiten“. Der droht, vielleicht ist er sogar schon da. has

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