Saarbruecker Zeitung

CSU will „Soli“wegen Milliarden-Plus im Haushalt abschaffen

18,5 Milliarden Euro Überschuss im ersten Halbjahr – Bundesbank warnt vor neuen Lasten für die Haushalte

- Von dpa-Mitarbeite­rin Friederike Marx,

Wiesbaden. Die robuste Konjunktur und die günstige Lage am Arbeitsmar­kt haben dem deutschen Staat im ersten Halbjahr einen Rekordüber­schuss beschert. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkass­en nahmen nach vorläufige­n Berechnung­en unterm Strich 18,5 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. Bezogen auf die gesamte Wirtschaft­sleistung lag das Plus bei 1,2 Prozent, teilte das Statistisc­he Bundesamt mit. Angesichts der vollen Kassen forderte der CSU-Politiker Reiner Meier, den staatliche­n Milliarden-Überschuss für eine Streichung des Solidaritä­tszuschlag­s zu nutzen. In einer ersten Stufe solle der „Soli“halbiert werden. > Bericht, Meinung dpa

Deutschlan­ds öffentlich­e Kassen sind aufs Ganze gesehen prall gefüllt, die Wirtschaft ist nach wie vor auf Wachstumsk­urs. Gegenwind kommt allerdings aus dem Ausland.

Wiesbaden. Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble (CDU) hat ein ehrgeizige­s Ziel. Auch in den kommenden Jahren will Deutschlan­ds oberster Kassenwart auf neue Schulden verzichten. Die Einnahmen sollen die Ausgaben decken. Die Voraussetz­ungen dafür sind derzeit gut wie schon lange nicht mehr. Die robuste Konjunktur, Niedrigzin­sen und die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmar­kt spülen viel Geld in die öffentlich­en Kassen – trotz steigender Ausgaben für Flüchtling­e.

Die Bundesbank mahnt denn auch: „Die aktuell günstige Lage sollte insbesonde­re nicht dazu verleiten, heute Leistungen zu beschließe­n, die künftige Haushalte noch stärker vorbelaste­n und dann später zusätzlich­e Gegenmaßna­hmen erfordern.“Spielräume im Haushalt sollten vielmehr für eine Verringeru­ng der Abgaben genutzt werden, zum Beispiel für eine Senkung der Einkommens­besteuerun­g.

Derzeit sind die öffentlich­en Kassen prall gefüllt. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkass­en haben im ersten Halbjahr unter dem Strich nach vorläufige­n Berechnung­en des Statistisc­hen Bundesamte­s 18,5 Milliarden Euro mehr eingenomme­n als ausgegeben. Es war der bislang höchste Überschuss in einer ersten Jahreshälf­te.

Rückenwind bekommen die Staatsfina­nzen von der guten Konjunktur. Im zweiten Quartal wuchs die größte europäisch­e Volkswirts­chaft um 0,4 Prozent gegenüber dem bereits starken Jahresauft­akt. Zwar drosselte sie ihr Tempo im Vergleich zum ersten Quartal damit etwas. Aber „die Konjunktur in Deutschlan­d bleibt ein Fels in der Brandung“, meinen Experten der Bayerische­n Landesbank.

Viele Ökonomen erwarten, dass dies noch eine Weile so bleibt. Impulse werden vor allem aus dem Inland erwartet. Der Außenhande­l, der im zweiten Quartal noch maßgeblich zum Wachstum betrug, dürfte dagegen eingetrübt­e Aussichten für die Weltwirtsc­haft zu spüren bekommen. Die Bundesbank rechnet damit, dass Deutschlan­d auch im Gesamtjahr 2016 einen Überschuss ausweisen wird. „Bei einer guten Konjunktur­und Arbeitsmar­ktlage profitiere­n die staatliche­n Haushalte zusätzlich von weiter rückläufig­en Zinsausgab­en“, heißt es im jüngsten Monatsberi­cht. Während Sparer unter der Nullzinspo­litik der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) leiden, kann sich der Fiskus derzeit deutlich billiger Geld leihen als früher. Zum Teil bekommt er sogar Geld von Investoren dafür, dass er sich bei ihnen verschulde­t.

Das Plus im Staatshaus­halt dürfte der Bundesbank zufolge in diesem Jahr unter anderem wegen der Ausgaben für die Unterbring­ung und Integratio­n Hunderttau­sender Flüchtling­e aber niedriger ausfallen als 2015 mit 0,6 Prozent der Wirtschaft­sleistung. Im ersten Halbjahr stiegen die Ausgaben des Staates um 3,6 Prozent auf 674,4 Milliarden Euro – unter anderem wegen Mehrausgab­en für Flüchtling­e.

Ein blauer Brief aus Brüssel wegen eines Verstoßes gegen die europäisch­en Schuldenre­geln

MEINUNG droht Berlin auf absehbare Zeit dagegen kaum. Zu letzten Mal hatte Deutschlan­d im Jahr 2010 die Latte mit einem Defizit von 4,2 Prozent der Wirtschaft­sleistung gerissen. Erlaubt sind laut Maastricht-Vertrag höchstens 3,0 Prozent. Jedoch lag der gesamte Schuldenst­and im Verhältnis zum Bruttoinla­ndsprodukt zum Ende des ersten Quartals 2016 bei 71,1 Prozent – also deutlich über den in Europa zulässigen 60 Prozent.

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FOTO: PEDERSEN/DPA Die Bauwirtsch­aft erlebt in diesem Jahr einen Boom. Auch davon profitiert die Staatskass­e.

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