CSU will „Soli“wegen Milliarden-Plus im Haushalt abschaffen
18,5 Milliarden Euro Überschuss im ersten Halbjahr – Bundesbank warnt vor neuen Lasten für die Haushalte
Wiesbaden. Die robuste Konjunktur und die günstige Lage am Arbeitsmarkt haben dem deutschen Staat im ersten Halbjahr einen Rekordüberschuss beschert. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen nahmen nach vorläufigen Berechnungen unterm Strich 18,5 Milliarden Euro mehr ein als sie ausgaben. Bezogen auf die gesamte Wirtschaftsleistung lag das Plus bei 1,2 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Angesichts der vollen Kassen forderte der CSU-Politiker Reiner Meier, den staatlichen Milliarden-Überschuss für eine Streichung des Solidaritätszuschlags zu nutzen. In einer ersten Stufe solle der „Soli“halbiert werden. > Bericht, Meinung dpa
Deutschlands öffentliche Kassen sind aufs Ganze gesehen prall gefüllt, die Wirtschaft ist nach wie vor auf Wachstumskurs. Gegenwind kommt allerdings aus dem Ausland.
Wiesbaden. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat ein ehrgeiziges Ziel. Auch in den kommenden Jahren will Deutschlands oberster Kassenwart auf neue Schulden verzichten. Die Einnahmen sollen die Ausgaben decken. Die Voraussetzungen dafür sind derzeit gut wie schon lange nicht mehr. Die robuste Konjunktur, Niedrigzinsen und die historisch gute Lage auf dem Arbeitsmarkt spülen viel Geld in die öffentlichen Kassen – trotz steigender Ausgaben für Flüchtlinge.
Die Bundesbank mahnt denn auch: „Die aktuell günstige Lage sollte insbesondere nicht dazu verleiten, heute Leistungen zu beschließen, die künftige Haushalte noch stärker vorbelasten und dann später zusätzliche Gegenmaßnahmen erfordern.“Spielräume im Haushalt sollten vielmehr für eine Verringerung der Abgaben genutzt werden, zum Beispiel für eine Senkung der Einkommensbesteuerung.
Derzeit sind die öffentlichen Kassen prall gefüllt. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialkassen haben im ersten Halbjahr unter dem Strich nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes 18,5 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Es war der bislang höchste Überschuss in einer ersten Jahreshälfte.
Rückenwind bekommen die Staatsfinanzen von der guten Konjunktur. Im zweiten Quartal wuchs die größte europäische Volkswirtschaft um 0,4 Prozent gegenüber dem bereits starken Jahresauftakt. Zwar drosselte sie ihr Tempo im Vergleich zum ersten Quartal damit etwas. Aber „die Konjunktur in Deutschland bleibt ein Fels in der Brandung“, meinen Experten der Bayerischen Landesbank.
Viele Ökonomen erwarten, dass dies noch eine Weile so bleibt. Impulse werden vor allem aus dem Inland erwartet. Der Außenhandel, der im zweiten Quartal noch maßgeblich zum Wachstum betrug, dürfte dagegen eingetrübte Aussichten für die Weltwirtschaft zu spüren bekommen. Die Bundesbank rechnet damit, dass Deutschland auch im Gesamtjahr 2016 einen Überschuss ausweisen wird. „Bei einer guten Konjunkturund Arbeitsmarktlage profitieren die staatlichen Haushalte zusätzlich von weiter rückläufigen Zinsausgaben“, heißt es im jüngsten Monatsbericht. Während Sparer unter der Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) leiden, kann sich der Fiskus derzeit deutlich billiger Geld leihen als früher. Zum Teil bekommt er sogar Geld von Investoren dafür, dass er sich bei ihnen verschuldet.
Das Plus im Staatshaushalt dürfte der Bundesbank zufolge in diesem Jahr unter anderem wegen der Ausgaben für die Unterbringung und Integration Hunderttausender Flüchtlinge aber niedriger ausfallen als 2015 mit 0,6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Im ersten Halbjahr stiegen die Ausgaben des Staates um 3,6 Prozent auf 674,4 Milliarden Euro – unter anderem wegen Mehrausgaben für Flüchtlinge.
Ein blauer Brief aus Brüssel wegen eines Verstoßes gegen die europäischen Schuldenregeln
MEINUNG droht Berlin auf absehbare Zeit dagegen kaum. Zu letzten Mal hatte Deutschland im Jahr 2010 die Latte mit einem Defizit von 4,2 Prozent der Wirtschaftsleistung gerissen. Erlaubt sind laut Maastricht-Vertrag höchstens 3,0 Prozent. Jedoch lag der gesamte Schuldenstand im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt zum Ende des ersten Quartals 2016 bei 71,1 Prozent – also deutlich über den in Europa zulässigen 60 Prozent.