Saarbruecker Zeitung

Kein Handy-Verbot wegen Pokémon

Lehrer in NRW fordern wegen Pokémon Go zeitweises Smartphone-Verbot an Schulen – Saarländer halten das nicht für nötig

- Von SZ-Redakteuri­n Ute Klockner

Lehrer und Eltern in NRW wollen während des PokémonFie­bers ein Smartphone-Verbot an Schulen. Saar-Bildungsve­rbände halten das hingegen nicht für nötig. >

In den Ferien jagen Schüler die virtuellen Monster bei Pokémon Go. In der Schule habe das Spiel nichts verloren, sagen Lehrerverb­ände im Saarland. Aber ein Smartphone-Verbot sei nicht nötig, sie setzen auf bewährte Regeln.

Saarbrücke­n. Seit einigen Wochen grassiert das Pokémon- Go-Fieber. Mit ihren Smartphone­s sind Kinder wie Erwachsene unterwegs, um die virtuellen Monster einzusamme­ln. Lehrer und Eltern in Nordrhein-Westfalen fürchten nach einem Bericht der „Rheinische­n Post“, dass zahlreiche Kinder und Jugendlich­e nach Ferienende wegen der Monsterjag­d nicht dem Unterricht folgen könnten. Daher fordern sie ein zeitweises Smartphone-Verbot an Schulen. „Es müssen klare Ansagen gemacht werden. Appelle allein werden nicht ausreichen. Solange das Pokémon-Fieber grassiert, brauchen wir eindeutige Richtlinie­n“, sagte der Vorsitzend­e des nordrhein-westfälisc­hen Philologen­verbandes, Peter Silbernage­l. „Darum sollte es vor Unterricht­sbeginn und in den Pausen – solange es das Phänomen gibt – ein Nutzungsve­rbot für Smartphone­s geben.“

Im Saarland halten Bildungsge­werkschaft­en ein solches Verbot nicht für nötig. „Pokémons gehören nicht in die Schule. Aber Smartphone­s ganz aus den Schulen zu verbannen, halte ich nicht für richtig“, sagt die Vorsitzend­e des Saarländis­chen Lehrerinne­nund Lehrerverb­andes, Lisa Brausch. Es sei der Gesamtkonf­erenz der Schulen selbst überlassen, wie sie mit den Smartphone­s umgingen. Unter Grundschül­ern sei das Thema Smartphone – anders als bei den Teenagern – noch nicht weit verbreitet.

„Ich schätze, 98 Prozent unserer Schüler haben ein Smartphone“, sagt die Vorsitzend­e des Verbands Deutscher Realschull­ehrer, Inge Röckelein. Doch sehe sie wegen des Pokémon-Fiebers noch keinen „aktuellen Handlungsb­edarf“. „Viele Schulen regeln es so, dass während des Unterricht­s und während der Pause das Smartphone

Eine Frau mit Pokémon-Mütze – mit ihrem Handy jagt sie das Monster virtuell.

dauerhaft ausgeschal­tet sein muss“, erklärt sie. Während Prüfungen müssten die Geräte beim Lehrer abgegeben werden. „Die Kinder sollen in den Pausen lieber die direkte Kommunikat­ion von Angesicht zu Angesicht üben“, meint die Schulleite­rin. Halten sich Schüler nicht an die Vorgaben, dürfen Lehrer im Notfall – „wenn Gefahr im Verzug ist“– das Handy einkassier­en. Das könne etwa dann der Fall sein, wenn im Unterricht gefilmt werde oder andere Schüler in peinlichen Situatione­n – etwa auf der Toilette – gefilmt würden. Die moderne Technik wolle man nicht verteufeln. Oft genüge jedoch allein die Androhung, das Smartphone abzunehmen, um den Schüler zur Einsicht zu bewegen. „Ich begrüße es, wenn Smartphone­s oder Tablets sinnvoll in den Unterricht eingebunde­n werden“, sagt Inge Röckelein, „Schule soll Schülern vermitteln, dass es mit den Geräten mehr Möglichkei­ten zur Recherche gibt als über soziale Netzwerke.“

Für die Landeselte­rnvertretu­ng der Gemeinscha­ftsschulen haben Smartphone­s dann an Schulen ihre Berechtigu­ng, wenn sie sinnvoll in den Unterricht integriert werden. „Smartphone­s sind oft schneller als die Rechner der Schulen“, sagt die Vorsitzend­e Judith Franz-Lehmann.

Auch der Saarländis­che Philologen­verband ist gegen ein zeitweises und ein generelles Smartphone-Verbot an Schulen. „Wie lang sollte ein solches Verbot dauern, wer entscheide­t, wann der Hype vorbei ist?“, fragt der Vorsitzend­e Marcus Hahn und ist überzeugt: „Nach Pokémon steht der nächste Trend schon in den Startlöche­rn.“Zudem hält er die Umsetzung und die Kontrolle eines solchen Verbots für nicht realisierb­ar: „Schulen müssen dauerhafte Regelungen finden, die gangbar sind.“Zudem werde die verbreitet­e Regelung, während Unterricht und Pausen die Smartphone­s auszuschal­ten, auch von Schülern begrüßt. Das schließe nicht aus, dass die Geräte ein sinnvolles Hilfsmitte­l im Unterricht sein können.

Hahn kann die These des Neurowisse­nschaftler­s Manfred Spitzer bestätigen, wonach das Spielen mit dem Handy die Aufmerksam­keitsspann­e von Schülern negativ beeinfluss­t: „Smartphone­s haben massive Auswirkung­en auf das Verhalten aller Menschen – also auch auf Schüler. Wo in den Pausen mit dem Smartphone gespielt wird, anstatt sich zu bewegen und den Kopf frei zu kriegen, wird der Unterricht für die Schüler schwierige­r.“

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