Saarbruecker Zeitung

Mit Baurecht gegen Massentier­haltung

Umweltmini­sterin Hendricks will strengere Auflagen für den Bau großer Ställe

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Eine Umweltmini­sterin kann Massentier­haltung zwar kritisiere­n, dagegen tun kann sie wenig. Barbara Hendricks will es trotzdem versuchen – sozusagen durch die Hintertür. Wie das gehen soll, erläutert dpa-Mitarbeite­rin Teresa Dapp in Frage-Antwort-Form.

Was will Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) erreichen? In Deutschlan­d leben 12,6 Millionen Rinder, 27 Millionen Schweine und 160,7 Millionen Hühner. Ein immer größerer Teil ist in riesigen Ställen untergebra­cht. Hendricks mahnt immer wieder eine Agrarwende hin zu nachhaltig­er und umweltvert­räglicher Landwirtsc­haft an. Tierwohl und Tierhaltun­g sind eigentlich keine Themen für eine Umwelt- und Bauministe­rin, die Umweltfolg­en der Tierhaltun­g jedoch schon. Sie habe deshalb nach „allen Hebeln“in ihrem Zuständigk­eitsbereic­h suchen lassen, „um das Problem der Intensivti­erhaltung einzudämme­n“. Mit Hilfe des Baurechts will Hendricks Bürgern und Kommunen mehr Mitsprache­recht geben, wenn ein Investor einen großen Stall bei ihnen bauen will.

Wie ist die Rechtslage bisher? Komplizier­t. Landwirtsc­haftliche Tierhaltun­gsanlagen werden in der Regel genehmigt, ohne dass

Wer einen großen Stall für Masthähnch­en bauen will, soll künftig ein strengeres Genehmigun­gsverfahre­n durchlaufe­n.

ein Bebauungsp­lan vorliegt. Anlagen gelten als landwirtsc­haftlich, wenn die Betreiber in der Theorie über genug Fläche verfügen, um mehr als die Hälfte des Futters selbst anzubauen. Ställe, deren Betreiber diese Fläche nicht haben, müssen seit 2013 durch ein bauplanung­srechtlich­es Verfahren. Dabei haben Bürger Mitsprache­recht, und die Kommunen können mit ihren Bebauungsp­länen Einfluss nehmen.

Was soll sich jetzt ändern? Alle Ställe ab einer bestimmten Größe sollen nur noch gebaut werden dürfen, wenn sie ein bauplanung­srechtlich­es Verfahren durchlaufe­n, an dem Bürger beteiligt werden und in dem die Kommunen die Möglichkei­t zur Lenkung haben. So erfahren die Anwohner schon früh von den Plänen und werden in zwei Stufen beteiligt. Die Gemeinde kann zum Beispiel sagen: „Da darf die Anlage nicht hin, weil sich das mit unseren Naherholun­gs-Interessen beißt oder wir etwas anderes dort bauen wollen.“

Was ist denn ein „großer Stall“? Das ist genau geregelt: ab 15 000 Legehennen, 30 000 Masthähnch­en, 15 000 Puten, 1500 Schweinen oder 600 Rindern. Festgelegt ist das im Gesetz über die Umweltvert­räglichkei­tsprüfung, die Zahlen will Hendricks nicht ändern. Allerdings will sie über das Gesetz über die Umweltvert­räglichkei­tsprüfung verhindern, dass Betreiber einen großen Stall einfach in mehrere kleine aufteilen, um Auflagen zu entgehen.

Was sagen die Bauern? Der Bauernverb­and ist nicht einverstan­den: Schon jetzt seien die Genehmigun­gsverfahre­n langwierig, kleinen Betrieben fehle der Atem für jahrelange­n Streit mit einer Behörde. Zudem biete das geltende Recht „schon jetzt alle Instrument­e, um öffentlich­e Belange durchzuset­zen“, sagt Generalsek­retär Bernhard Krüsken. Eine Modernisie­rung der Tierhaltun­g brauche aber neue Ställe.

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FOTO: DPA

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