Saarbruecker Zeitung

Er meint es ja nur gut

Vom Ausweichen und Durchwursc­hteln: Der sehenswert­e Film „Nichts passiert“mit Devid Striesow erscheint auf DVD

- Von SZ-Redakteur Tobias Kessler

Mal tragikomis­ch, mal beklemmend ist die Schweizer Produktion „Nichts passiert“mit Devid Striesow. Der lohnende Film über einen Mann, der allem auszuweich­en versucht, erscheint auf DVD.

Saarbrücke­n. Kein Wunder, dass der Film in der Gesprächst­herapie beginnt. „Ein normaler, netter Mann“sei er, sagt der Familienva­ter Thomas Engel zu seiner Psychologi­n. Dabei klimpert er unschuldig mit den blauen Augen von Devid Striesow, der ihn spielt und seiner Galerie vielschich­tiger Figuren eine neue hinzufügt.

Konflikte umlächelt Thomas weiträumig; man kann ja, das scheint seine Lebensthes­e zu sein, über alles reden, alles klären und aus der Welt schaffen. Universell biegsam ist sein Rückgrat, was seine Gattin (Maren Eggert) zunehmend anödet. Einen gemeinsame­n Winter-Urlaub tritt das Paar dementspre­chend schmallipp­ig an, viel zu sagen hätte man sich (tut es aber nicht); Thomas kümmert sich lieber um seine pubertiere­nde Tochter und die Tochter seines Chefs, die er mit in die Schweiz genommen hat, wo seine Nettigkeit allerdings an ihre Grenzen stößt: Die Tochter des Chefs wird vom Sohn des Ferienhaus-Vermieters vergewalti­gt, Thomas kümmert sich um das Mädchen und versucht gar, damit alles geregelt ist, eine Versöhnung zwischen Opfer und Täter anzubahnen: „Und jetzt gebt Euch die Hände.“Doch seine Strategie des ewigen Glattbügel­ns scheitert dramatisch.

Der Film „Nichts passiert“vom Schweizer Micha Lewinsky

Das Käsefondue ist fast das einzig Angenehme im Urlaub von Thomas Engel (Devid Striesow), dem großen Konfliktsc­heuen.

(Buch/Regie) spielt mit ruhiger Konsequenz und vor trügerisch heimeliger Schneekuli­sse durch, wie sich die Hauptfigur beim Vertuschen und Glattbügel­n in Widersprüc­he verstrickt, immer neue Lügen auftischen muss, bis sich der aufgestaut­e Druck entlädt – dies auch im Ehebett, in einer hintersinn­igen Szene.

Der Film dreht sich ganz um Striesow, der in nahezu jeder Szene zu sehen ist mit seiner Gabe, Alltags-Jedermänne­r mit unerwartet­en Abgründen zu spielen. So sehr man anfangs Thomas’ konfliktsc­heue Lebensstra­tegie verstehen kann, so brutal wirkt sie, wenn er angesichts einer Vergewalti­gung rät, man müsse „das Problem von beiden Seiten sehen“, und das Opfer subtil unter Druck setzt, sich den Gang zur Polizei noch einmal zu überlegen. Da gruselt man sich vor diesem Jedermann, verliert aber nie ganz das Verständni­s für ihn, was den Film immer wieder beklemmend macht. Denn seine Ruhe haben zu wollen und dafür einiges zu tun, dessen man sich schämen muss, ist allzu menschlich.

Erschienen auf DVD bei Lighthouse Entertainm­ent.

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FOTO: MOVIENET

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