„Alle Stadtteile sind wichtig“
Wie der neue Baudezernent bezahlbaren Wohnraum schaffen möchte
Der Architekturprofessor Heiko Lukas ist seit April Saarbrücker Baudezernent. Nach der Eingewöhnungsphase sprach SZ-Redakteurin Ilka Desgranges mit ihm über die Stadt und seine Pläne.
Herr Lukas, Sie haben in den ersten Wochen Ihrer Amtszeit gesagt, dass Ihnen die Arbeit als Baudezernent unheimlich viel Spaß mache. Jetzt sind ein paar Monate vergangen, Sie haben die Verwaltungsarbeit kennenlernen können. Ist der Spaß immer noch so groß? Heiko Lukas: Was mir Spaß macht: Die vielseitige und verantwortungsvolle Arbeit als Baudezernent füllt mich komplett aus. Bei der Arbeit geht es aber auch nicht immer um Spaß. Es gibt Situationen, die ganz einfach bewältigt und zufriedenstellend erledigt werden müssen.
Was hat sich denn in der ersten Zeit als das Schwierigste herausgestellt. Lukas: Es war eine Umstellung. Mein Tag wird jetzt von morgens bis abends mehr oder weniger komplett geregelt. Ich habe wenig zeitliche Freiräume, um zum Beispiel alleine am Schreibtisch in Ruhe meine Mails zu lesen oder um auch einmal die Gedanken schweifen zu lassen. Am Anfang musste ich mich in viele Themen hineinarbeiten, und es gibt eine ganze Flut an unterschiedlichsten Themen. Angefangen von den kleinsten bis zu den größten Brücken. Die Komplexität, die Bandbreite und Verantwortlichkeit an Aufgaben ist ganz sicherlich eine Herausforderung dieses Amtes. Aber das ist das Spannende.
Ihre Vorgängerin ist mit einem ganz klaren Ziel angetreten. Es ging darum, „Stadtmitte am Fluss“umzusetzen. Was war Ihr Ziel, als Sie sich entschieden haben, Baudezernent der Landeshauptstadt zu werden? Lukas: Mein Ziel ist es ein ganzheitliches städtebauliches Entwicklungskonzept für Saarbrücken weiterzuentwickeln. Die anstehenden Projekte möchte ich offen kommunizieren und gemeinsam mit allen Beteiligten sachlich angehen und umsetzen. Eine vorgefasste Meinung, wie Stadtteile, zum Beispiel Alt-Saarbrücken, später einmal aussehen sollen, habe
ich konkret nicht. Ich gehe ergebnisoffen in den Prozess, rede mit allen Beteiligten und entwickele dann konstruktiv die konkreten Zielsetzungen.
Stellt sich für Sie die Aufgabe, weitere Teile des Projektes „Stadtmitte am Fluss“umzusetzen, oder ist Saarbrücken damit durch? Lukas: Ich möchte das Projekt auf gar keinen Fall aufgeben. Das wäre das falsche Signal. Einige Projekte, die wir zurzeit bearbeiten, etwa die Knotenpunkte an der Wilhelm-Heinrich-Brücke oder die städtebauliche Entwicklung am Osthafen, betrachten wir im Zusammenhang mit dem Projekt Stadtmitte am Fluss. Leider ist es im Moment nur so, dass es derzeit nicht ausreichend finanzielle Unterstützung von Seiten des Bundes gibt und dadurch auch nicht von Seiten des
Landes. Von daher ist der Handlungsspielraum sehr eingeschränkt.
Als Präsident der Architektenkammer haben Sie Maßnahmen für Alt-Saarbrücken gefordert. Wann dürfen wir denn mit der großen Versammlung in AltSaarbrücken rechnen? Lukas: Erst diese Woche gab es einen Termin mit allen an der Entwicklung Alt-Saarbrückens beteiligten Verbänden hier bei uns im Baudezernat. Geplant ist eine offene Planungswerkstatt Anfang November in AltSaarbrücken, in die auch die Bürger einbezogen werden. Ich begleite die Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW ) und das Land bei der möglichen Weiterentwicklung der Flächen für die HTW. Wir stehen in einem engen Dialog mit der Handwerkskammer über deren weitere Entwicklungsperspektiven auch in Alt-Saarbrücken.
Haben Sie nicht manchmal den Eindruck, dass der Berg an Aufgaben so groß ist, dass Sie ihn kaum bewältigen können? Lukas: Diesen möglichen Eindruck blende ich aus. Es gibt ganz sicherlich einen Berg vieler verschiedener Aufgaben. Ich arbeite aber in einem Team mit vielen sehr engagierten und erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Wir beginnen derzeit mit der Sanierung der Bahnhofstraße, der Umbau der Wilhelm-Heinrich-Brücke soll im Frühjahr beginnen. Wir müssen nun mit der Ausführungsplanung anfangen und stehen unter starkem Zeitdruck.
Gibt es etwas in der Stadtentwicklung, wovon Sie möchten, dass es mit Ihrem Namen verbunden sein soll? Lukas: Den Ehrgeiz, dass ich hier irgendwo einen besonderen Fußabdruck hinterlasse, habe ich nicht. Ich habe den Ehrgeiz, dass ich die anstehenden Aufgaben und Projekte gemeinsam mit dem Team so gut wie möglich im Interesse der Stadt, der Bauherren und der Investoren bewältige, dass die Qualität und damit auch die Baukultur stimmt. Mein Ziel ist es, dass die Bürger teilhaben können und auch die baufachlichen Verbände einbezogen und mitgenommen werden.
Alt-Saarbrücken ist ein Stadtteil, für den Sie sich schon interessiert haben, bevor Sie Baudezernent waren. Wie steht es mit den übrigen Stadtteilen? Lukas: Wir können und werden uns nicht nur auf einen Stadtteil fokussieren. Die anderen Stadtteile sind nicht weniger wichtig. In Malstatt läuft zum Beispiel über die nächsten Jahre das Projekt „soziale Stadt“. Hier geht es vornehmlich um die öffentlichen Plätze und Freiräume. Es gibt aber auch vielfältigste Herausforderungen in Brebach oder in Dudweiler. Ein generelles Thema ist „Wohnen in der Stadt“, damit ist insbesondere das bezahlbare Wohnen für alle gemeint. Es geht dabei auch um die Umnutzung des Bestandes oder die Umnutzung von leer stehenden Bürogebäuden oder Gewerbegebäuden zu Wohnräumen. Damit werden wir uns in allen Stadtteilen beschäftigen.