Junge Wut und geplatzte Träume
Neu im Kino: „El Olivo“von Icíar Bollaín – Turbulente Tragikomödie aus Spanien mit starken Darstellern
Über 2000 Jahre ist er alt. Die Römer haben ihn einst gepflanzt, davon ist Olivenbauer Ramón (Manuel Cucala) überzeugt. Mit mächtigem Stamm, knorrigen Ästen und einem gewaltigen Blätterdach steht er in der Landschaft. Für Ramón bedeutet er alles, dieser Olivenbaum, der Zeitzeuge von jahrtausendalter Geschichte ist. „Der Baum ist mein Leben“, sagt Ramón.
Doch dann wird ihm dieses Leben genommen. Bagger reißen den Olivenbaum aus dem Boden, noch am selben Tag wird er nach Düsseldorf verschifft, wo er in der Eingangshalle eines vermeintlich umweltbewussten Energiekonzerns platziert wird. Ausgerechnet Ramóns Sohn hat ihn für viel Geld verkauft, um mit dem Erlös Bestechungsgelder für ein Restaurant am Meer zu finanzieren. Seitdem hat Ramón aufgehört zu reden. Nach und nach entweicht das Leben aus dem alten Mann. Alma (Anna Castillo) will den geliebten Olivenbaum zurückholen.
Rund zehn Jahre später fasst Ramóns junge, impulsive Enkelin Alma (Anna Castillo) einen Entschluss: Sie will den Olivenbaum wieder zurückbringen, koste es, was es wolle. Gemeinsam mit ihrem Onkel Alcachofa (Javier Gutiérrez) und ihrem stillen Verehrer Rafa (Pep Ambrós) macht sie sich ohne konkreten Plan mit einem LKW auf die Reise nach Deutschland.
In „El Olivo“geht es um mehr als den Verlust eines wertvollen Baumes. Regisseurin Icíar Bollaín blickt präzise und einfühlsam auf ein krisengeplagtes Land und die unterschiedlichen Generationen, die hier nicht mehr miteinander klar kommen. Schlüsselfigur der temperamentvollen Tragikomödie ist Alma. Sie ist Anfang 20, weiß, was sie will, geht aber stets mit dem Kopf voran, auch wenn’s weh tut – ein Spiegel für die Perspektivlosigkeit und Wut der jungen Generation in Spanien.
Von ihrem Vater, der nur versessen aufs große Geld war, will sie nichts mehr wissen. Das Restaurant am Meer ist längst geschlossen, ein heruntergekommenes Gebäude, ein geplatzter Traum und damit auch ein symbolisches Beispiel für viele gescheiterte Existenzen im Land.
Die dramatische Geschichte wird getragen von einem starken Schauspieler-Ensemble, die Figuren wirken sehr glaubwürdig und ausdrucksstark. (Spa/D 2016, 98 Min., Filmhaus Sb; Regie: Icíar Bollaín, Buch: Paul Laverty; Kamera: Sergi Gallardo; Darsteller: Anna Castillo, Javier Gutiérrez, Pep Ambrós, Manuel Cucala)