Authentisch und mit viel Gefühl
Neu im Kino: „Ein neues Leben – In grazia di Dio“von Edoardo Winspeare – Familiengeschichte aus Süditalien
Die Laiendarstellerin Celeste Casciaro spielt die impulsive Mutter Adele. 130 000 Euro Schulden: Eine Drei- Generationen-Familie im Salento, im äußersten Südosten Italiens, muss ihre kleine Textilfabrik schließen. Es bleibt ihnen nichts anderes übrig, als aufs Land zu ziehen und sich mit einer bescheidenen Landwirtschaft über Wasser zu halten.
Das Drama „Ein neues Leben“von Regisseur Edoardo Winspeare lebt von den realistisch gezeichneten Charakteren und der schonungslosen Darstellung der familiären Konflikte. Die impulsive Adele versucht verzweifelt, die Familie aus der Krise zu führen. Sie gerät jedoch ständig in emotionale und heftige Streitereien mit ihrer heranwachsenden Tochter Ina, die nur Mode und Jungs im Kopf hat und die Probleme der Familie weitestgehend ignoriert. Adeles Schwester Maria Concetta versucht nach ihrem Studium vergeblich, Schauspielerin zu werden. Einzig die Großmutter Salvatrice scheint sich mit den spartanischen Verhältnissen im neuen Haus abfinden zu können.
Die größtenteils tragischen Ereignisse spielen sich vor eindrucksvollen Landschaftsbildern mit den felsigen Küsten und Olivenhainen des Salentos ab. Die Bilder der Küstenregion passen zu der ruhigen, aber intensiven Erzählweise des Films.
Auch wenn die Geschichte fiktiv ist, spürt der Zuschauer schnell, dass Regisseur Winspeare um ein möglichst realistisches Bild bemüht ist. Den Zuschauer erwartet kein Spektakel, sondern nachvollziehbare Probleme und feinfühlige Stimmungen. Die Auseinandersetzungen innerhalb der Familie sind glaubwürdig erzählt. Und tatsächlich war es für zahlreiche Textilfabrikanten im Süden Italiens im Zuge der Wirtschaftskrise schwer, mit der Konkurrenz aus Asien mitzuhalten.
Winspeare besetzte den Film nicht mit professionellen Schauspielern, sondern ausschließlich mit Laien aus der Umgebung, die er in einem entlegenen Dorf im Salento aufgespürt hat. Sie spielen ihre Rollen dementsprechend authentisch und überzeugend.
Italien 2014, 127 Min., Filmhaus (Sb); Regie: Edoardo Winspeare; Buch: Winspeare, Alessandro Valenti, Anna Boccadamo; Kamera: Michele D’Attanasio; Musik: Gabriele Rampino.