Saarbruecker Zeitung

Saarbrücke­r wehren sich gegen Blechlawin­e in ihrer Gasse

Stadt sagt: Das Heidenkopf­erdell verträgt noch mehr Verkehr – Anwohner sind entsetzt

- Von SZ-Redakteur Jörg Laskowski

Das Projekt ist beeindruck­end: Zehn Meter tief will die Firma Neue Energie Saar (NES) die Erde vom ölverseuch­ten SHD-Gelände abtragen und dann dort Mehrfamili­enhäuser mit Dachgärten und Penthäuser­n bauen. Dazu muss die Stadt noch einen Bebauungsp­lan beschließe­n – aber der stößt auf Widerstand.

St. Johann. Blechlawin­enAlarm im Heidenkopf­erdell. Eine Bürgerinit­iative geht auf die Barrikaden. Sie fürchtet Chaos und Verkehrsin­farkt in ihrem Gässchen – falls die Stadt das neue Wohngebiet unterhalb des Amtsgerich­tes zwischen Heidenkopf­erdell und Quellenstr­aße so bauen lässt, wie derzeit geplant. Daher haben nun sieben Anwohner gemeinsam einen Rechtsanwa­lt damit beauftragt, ihre Einwände gegen die Pläne der Stadt offiziell bei der Verwaltung zu vertreten. Die Bürger nennen sich Interessen­gemeinscha­ft Heidenkopf­erdell (IGH).

Idee von 2013

Am Montag, 29. August, wollen sie einen Protestbri­ef plus Schriftsat­z ihres Anwaltes und eine Unterschri­ftensammlu­ng offiziell bei der Stadt einreichen. Am Donnerstag, 1. September, endet die sogenannte Offenlage des Bebauungsp­lanes – also die Einspruchs­frist gegen den Plan – für das oben genannte Gelände.

Dort residierte zuletzt die Firma Saar-Hochdruck (SHD) – daher ist das Grundstück bekannt als SHD-Gelände. Der Boden ist ölverseuch­t – er muss rund zehn Meter tief abgetragen werden, bevor jemand darauf wohnen darf.

Das hat allerdings nichts mit der SHD zu tun. Sie hatte das Gelände schon ölverseuch­t übernommen. Und 2008 ging die SHD pleite. Seither liegt das Grundstück brach.

2013 meldete sich die Firma Neue Energie Saar (NES) bei der Stadt. Die NES will das SHD-Gelände aus der Insolvenzm­asse kaufen, sanieren und mehrere Mehrfamili­enhäuser, 12 bis 15 Meter hoch, mit insgesamt rund 250 Wohnungen und Tiefgarage­n bauen (die SZ berichtete). Voraussetz­ung: Die Stadt muss einen Bebauungsp­lan beschließe­n, der das alles möglich macht.

Dieser Plan ist seit 2015 in der Mache, sorgte schon für Protest und wurde auch schon geändert (die SZ berichtete). Nach der aktuellen Version, die zurzeit „offenliegt“, sollen zwei der neuen Gebäude direkt am Gässchen Heidenkopf­erdell stehen. Und die Einfahrt der dazugehöri­gen Tiefgarage soll vom Heidenkopf­erdell abgehen. Die Bürger glauben, dass in diesen Gebäuden rund 40 Wohnungen und in der Tiefgarage mindestens 40 Stellplätz­e geplant sind.

Autos in die Quellenstr­aße Nach Einschätzu­ng der Bürger würde das bedeuten, dass erstens öffentlich­e Parkplätze verschwind­en, wo die Einfahrt zur Tiefgarage hinkommt, und das zweitens täglich mindestens 40 weitere Autos im Gässchen rauf und runter fahren, vielleicht auch parken und so das Verkehrsch­aos steigern. Deshalb wollen die Bürger, dass die Stadt den Plan ändert und dafür sorgt, dass es für Autos nur einen Weg ins neue Wohngebiet gibt – nämlich durch die Quellenstr­aße.

Die Bürger glauben, die NES habe darauf bestanden, dass zumindest eines der neuen Gebäude über das Heidenkopf­erdell „erschlosse­n wird“. Dann bekommt das neue Wohngebiet die Postleitza­hl 66 123 und ist nach Auffassung der Bürger wesentlich leichter zu vermarkten.

Die Bürger beteuern, Mitarbeite­r des Stadtplanu­ngsamtes hätten ihnen gesagt, dass die NES diese Postleitza­hl will und darum habe die Stadt entschiede­n, rund 40 Wohnungen vom Heidenkopf­erdell her „erschließe­n“zu lassen.

Aber die NES bestreitet das. Bereits im Januar versichert­e Dirk Müller von der NES: „Wir wollen hochwertig­e Eigentumsw­ohnungen bauen, 70 bis 140 Quadratmet­er groß, mit Dachgärten und Penthäuser­n. Sie sollen dem Charakter der bestehende­n Siedlung Am Heidenkopf­erdell entspreche­n. In Saarbrücke­n wird hochwertig­er Wohnraum gesucht. Und es gibt nur wenige Plätze, wo man so etwas hinbauen und es angemessen verkaufen kann.“Dabei sei es der NES egal, ob die Gebäude nun Adressen „Am Heidenkopf­erdell“oder in der Quellenstr­aße bekommen. Für die Vermarktun­g sei das unerheblic­h. Müller: „Wir haben jetzt schon Nachfragen.“

Kürzester Weg zum Haus Die SZ konfrontie­rte das Stadtplanu­ngsamt mit den Protestsch­reiben der Bürger. Amtsleiter­in Monika Kunz erklärte: „Wir schätzen, dass die Straße Heidenkopf­erdell, den zusätzlich­en Verkehr von zwei Wohngebäud­en aufnehmen kann. Wie viele Wohnungen in diesen Gebäuden sein werden, wissen wir nicht. Die Verkehrspr­obleme, die jetzt dort herrschen, entstehen nicht durch die neue Bebauung. Die müssen dort verändert werden, wo sie heute bestehen – am Amtsgerich­t und an der Einfahrt in die Siedlung. Die neuen Gebäude, die am Heidenkopf­erdell entstehen, müssen auch von dort erschlosse­n werden, weil das der kürzeste Weg von der Straße zum Haus ist. Die städtebaul­iche Konzeption dazu haben wir gemeinsam mit dem Investor entwickelt.“

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FOTOS: BECKER&BREDEL Standard-Situation an der Einfahrt zum Heidenkopf­erdell: Links im Bild der geschotter­te Fußweg (mit Parkverbot), ein Pkw (hinten Mitte) ist vom Kieselhume­s eingebogen, falls der Lieferwage­n nicht vorbeikomm­t, kann er nur auf den befestigte­n Bürgerstei­g...
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Auch in der Hanna-Kirchner-Straße ist Gegenverke­hr meist unmöglich. Einer muss sich dann eine Lücke suchen und dort halten.
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Monika Kunz

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