Saarbrücker wehren sich gegen Blechlawine in ihrer Gasse
Stadt sagt: Das Heidenkopferdell verträgt noch mehr Verkehr – Anwohner sind entsetzt
Das Projekt ist beeindruckend: Zehn Meter tief will die Firma Neue Energie Saar (NES) die Erde vom ölverseuchten SHD-Gelände abtragen und dann dort Mehrfamilienhäuser mit Dachgärten und Penthäusern bauen. Dazu muss die Stadt noch einen Bebauungsplan beschließen – aber der stößt auf Widerstand.
St. Johann. BlechlawinenAlarm im Heidenkopferdell. Eine Bürgerinitiative geht auf die Barrikaden. Sie fürchtet Chaos und Verkehrsinfarkt in ihrem Gässchen – falls die Stadt das neue Wohngebiet unterhalb des Amtsgerichtes zwischen Heidenkopferdell und Quellenstraße so bauen lässt, wie derzeit geplant. Daher haben nun sieben Anwohner gemeinsam einen Rechtsanwalt damit beauftragt, ihre Einwände gegen die Pläne der Stadt offiziell bei der Verwaltung zu vertreten. Die Bürger nennen sich Interessengemeinschaft Heidenkopferdell (IGH).
Idee von 2013
Am Montag, 29. August, wollen sie einen Protestbrief plus Schriftsatz ihres Anwaltes und eine Unterschriftensammlung offiziell bei der Stadt einreichen. Am Donnerstag, 1. September, endet die sogenannte Offenlage des Bebauungsplanes – also die Einspruchsfrist gegen den Plan – für das oben genannte Gelände.
Dort residierte zuletzt die Firma Saar-Hochdruck (SHD) – daher ist das Grundstück bekannt als SHD-Gelände. Der Boden ist ölverseucht – er muss rund zehn Meter tief abgetragen werden, bevor jemand darauf wohnen darf.
Das hat allerdings nichts mit der SHD zu tun. Sie hatte das Gelände schon ölverseucht übernommen. Und 2008 ging die SHD pleite. Seither liegt das Grundstück brach.
2013 meldete sich die Firma Neue Energie Saar (NES) bei der Stadt. Die NES will das SHD-Gelände aus der Insolvenzmasse kaufen, sanieren und mehrere Mehrfamilienhäuser, 12 bis 15 Meter hoch, mit insgesamt rund 250 Wohnungen und Tiefgaragen bauen (die SZ berichtete). Voraussetzung: Die Stadt muss einen Bebauungsplan beschließen, der das alles möglich macht.
Dieser Plan ist seit 2015 in der Mache, sorgte schon für Protest und wurde auch schon geändert (die SZ berichtete). Nach der aktuellen Version, die zurzeit „offenliegt“, sollen zwei der neuen Gebäude direkt am Gässchen Heidenkopferdell stehen. Und die Einfahrt der dazugehörigen Tiefgarage soll vom Heidenkopferdell abgehen. Die Bürger glauben, dass in diesen Gebäuden rund 40 Wohnungen und in der Tiefgarage mindestens 40 Stellplätze geplant sind.
Autos in die Quellenstraße Nach Einschätzung der Bürger würde das bedeuten, dass erstens öffentliche Parkplätze verschwinden, wo die Einfahrt zur Tiefgarage hinkommt, und das zweitens täglich mindestens 40 weitere Autos im Gässchen rauf und runter fahren, vielleicht auch parken und so das Verkehrschaos steigern. Deshalb wollen die Bürger, dass die Stadt den Plan ändert und dafür sorgt, dass es für Autos nur einen Weg ins neue Wohngebiet gibt – nämlich durch die Quellenstraße.
Die Bürger glauben, die NES habe darauf bestanden, dass zumindest eines der neuen Gebäude über das Heidenkopferdell „erschlossen wird“. Dann bekommt das neue Wohngebiet die Postleitzahl 66 123 und ist nach Auffassung der Bürger wesentlich leichter zu vermarkten.
Die Bürger beteuern, Mitarbeiter des Stadtplanungsamtes hätten ihnen gesagt, dass die NES diese Postleitzahl will und darum habe die Stadt entschieden, rund 40 Wohnungen vom Heidenkopferdell her „erschließen“zu lassen.
Aber die NES bestreitet das. Bereits im Januar versicherte Dirk Müller von der NES: „Wir wollen hochwertige Eigentumswohnungen bauen, 70 bis 140 Quadratmeter groß, mit Dachgärten und Penthäusern. Sie sollen dem Charakter der bestehenden Siedlung Am Heidenkopferdell entsprechen. In Saarbrücken wird hochwertiger Wohnraum gesucht. Und es gibt nur wenige Plätze, wo man so etwas hinbauen und es angemessen verkaufen kann.“Dabei sei es der NES egal, ob die Gebäude nun Adressen „Am Heidenkopferdell“oder in der Quellenstraße bekommen. Für die Vermarktung sei das unerheblich. Müller: „Wir haben jetzt schon Nachfragen.“
Kürzester Weg zum Haus Die SZ konfrontierte das Stadtplanungsamt mit den Protestschreiben der Bürger. Amtsleiterin Monika Kunz erklärte: „Wir schätzen, dass die Straße Heidenkopferdell, den zusätzlichen Verkehr von zwei Wohngebäuden aufnehmen kann. Wie viele Wohnungen in diesen Gebäuden sein werden, wissen wir nicht. Die Verkehrsprobleme, die jetzt dort herrschen, entstehen nicht durch die neue Bebauung. Die müssen dort verändert werden, wo sie heute bestehen – am Amtsgericht und an der Einfahrt in die Siedlung. Die neuen Gebäude, die am Heidenkopferdell entstehen, müssen auch von dort erschlossen werden, weil das der kürzeste Weg von der Straße zum Haus ist. Die städtebauliche Konzeption dazu haben wir gemeinsam mit dem Investor entwickelt.“