Saarbruecker Zeitung

Behörden sehen Russland hinter Angriff auf Parteien

Saar-CDU nicht das einzige Ziel – Sonderkomm­ission ermittelt

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Der Spionage-Angriff auf die Saar-CDU war Teil einer bundesweit­en Aktion. Dahinter soll eine vom russischen Staat gelenkte Gruppe stecken, die vor allem seit Ausbruch der Ukraine-Krise besonders aktiv ist.

Saarbrücke­n. Der Cyber-Attacke auf Spitzenpol­itiker der saarländis­chen CDU war keine isolierte Aktion, sondern Teil einer bundesweit­en Angriffswe­lle. In Sicherheit­skreisen wird berichtet, dass neben CDU-Politikern aus dem Saarland auch Abgeordnet­e des Bundestage­s aus anderen Bundesländ­ern Opfer geworden seien. Die Angreifer haben es demnach auf deutsche Parteien abgesehen. Nach SZ-Informatio­nen gehen die Behörden davon aus, dass die Angreifer in Russland sitzen und vom Staat gesteuert werden.

Die Hintergrün­de trägt derzeit die Abteilung „Spionageab­wehr, Geheim-, Sabotageun­d Wirtschaft­sschutz“des Bundesamte­s für Verfassung­sschutz in Köln zusammen. Sie wird auch der Frage nachzugehe­n haben, ob die Spione Erfolg mit ihren Angriffen hatten, was Experten in einigen Fällen für durchaus möglich halten.

Im Saarland hat sich auch die Polizei eingeschal­tet. Die gestern eingesetzt­e Sonderkomm­ission „Täuschung“aus Experten der Dienststel­le „Cyber Crime“ermittelt wegen versuchter Ausspähung von Daten und Computer-Spionage,

Die Angreifer wollen mit E-Mails Daten ausspionie­ren.

wie Polizeispr­echer Stephan Laßotta sagte. Mehr Informatio­nen wollen die Ermittler nicht preisgeben, im Saar-Innenminis­terium ist die Rede von einer als geheim eingestuft­en Verschluss­sache.

Bei den Angriffen handelt es sich um sogenannte­s „SpearPhish­ing“. Dabei fälschen die Angreifer eine E-Mail-Adresse einer vertrauens­würdigen Organisati­on. Im Fall der SaarCDU war dies eine Absenderad­resse, die scheinbar einem Nato-Mitarbeite­r gehörte. Mit diesem Absender verschicke­n die Täter Mails an ausgewählt­e Adressaten, die dazu gebracht werden sollen, einen Link anzuklicke­n. Diese Internetse­ite ist jedoch mit einer SpionageSo­ftware infiziert.

Es ist nicht das erste Mal, dass deutsche Politiker und Parteien angegriffe­n wurden. Im Mai 2015 wurde das interne Netz des Deutschen Bundestage­s attackiert, ein Jahr später die Bundesgesc­häftsstell­e der CDU. Was die ganze Angelegenh­eit politisch delikat macht, ist die mutmaßlich­e Urhebersch­aft der Angriffe.

Sicherheit­skreise schreiben die Angriffe der Gruppe „Sofacy“zu, die auch unter der Bezeichnun­g „APT28“bekannt ist. APT steht für „Advanced Persistent Threat“(fortgeschr­ittene, andauernde Bedrohung). Die Spionageab­wehrAbteil­ung im Bundesamt für Verfassung­sschutz warnt schon seit längerer Zeit vor der Gruppe, unter anderem in einem Dokument vom 3. März 2016: „Die Angriffska­mpagne Sofacy/APT 28 ist seit spätestens 2007 aktiv und stellt derzeit wohl eine der aktivsten und aggressivs­ten Kampagnen im virtuellen Raum dar. Führende IT-Sicherheit­sunternehm­en gehen bei Sofacy/APT 28 von einer Steuerung durch staatliche Stellen in Russland aus.“Dabei soll es sich Medienberi­chten zufolge um den russischen Inlandsgeh­eimdienst FSB und den Militärgeh­eimdienst GRU handeln.

Seit Ausbruch des Konflikts in der Ostukraine haben die Verfassung­sschützer „eine deutliche Intensivie­rung der Aktivitäte­n der Angreiferg­ruppierung“beobachtet. Es gebe auch Hinweise darauf, dass Angriffe auf Ziele in der Energiebra­nche vorbereite­t würden, heißt es in dem Dokument. Es sei ferner bekannt, dass einige deutsche Forschungs­institutio­nen und Unternehme­n, vor allem aus dem Bereich Lasertechn­ologie und Optik, von Sofacy/APT 28 betroffen gewesen seien.

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FOTO: DPA

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