Saarbruecker Zeitung

Gauck fordert Mäßigung im Flüchtling­sstreit

Bundespräs­ident im SZ-Interview: Werden die Krise meistern

- Von Werner Kolhoff, Hagen Strauß und Stefan Vetter (SZ)

Bundespräs­ident Gauck hält die Demokratie in Deutschlan­d für stark genug, um mit populistis­chen Strömungen fertig zu werden. Das sagte das Staatsober­haupt unserer Zeitung. Berlin/Saarbrücke­n. Bundespräs­ident Joachim Gauck hat die Parteien in scharfer Form zu Mäßigung im Streit um die Flüchtling­spolitik aufgerufen. In einem Interview mit der Saarbrücke­r Zeitung sagte Gauck, wer in der Debatte unterschla­ge, dass die Regierung intensiv an den Problemen arbeite und den Zuzug schon eingeschrä­nkt habe, fördere das Misstrauen in die Politik und trage zum rauer werdenden gesellscha­ftlichen Klima bei. „Er heizt auch die Stimmung eines Teils der Bevölkerun­g gegen Flüchtling­e an“, ergänzte Gauck. Der Präsident nannte keine Namen, spielte aber offensicht­lich auf die CSU an.

Er warne davor, „wenn Parteien des demokratis­chen Spektrums so tun, als könne man die Republik nur dann in sicheres Fahrwasser bringen, indem man die Angstmache einer Minderheit ins Zentrum der Politik rückt. Das kann nicht gut gehen.“Gauck forderte von der etablierte­n Politik „mehr Mut“. Statt Ängste noch zu verstärken, solle sie die Bürger lieber daran erinnern, „dass dieses Land in den vergangene­n Jahrzehnte­n einige ernsthafte Krisen unterm Strich sehr gut bewältigt hat“. Es werde auch die Herausford­erung der Flüchtling­skrise meistern.

Zugleich betonte der Bundespräs­ident, dass er die Demokratie in Deutschlan­d für stark genug halte, um mit populistis­chen Joachim Gauck Strömungen fertig zu werden. Es gehe zwar „die eine oder andere Angstwelle“durch das Land, die von populistis­chen Bewegungen aufgenomme­n werde, sagte er. „Aber sie werden sich die Zähne ausbeißen an der deutschen Demokratie. Sie werden nicht gewinnen.“Der 76-Jährige sieht in Deutschlan­d nach wie vor keine antidemokr­atischen Mehrheiten. Verglichen mit anderen Teilen Europas und der Welt seien der Rechtsstaa­t und die Demokratie hierzuland­e noch sehr gut verankert.

Dass in den neuen Bundesländ­ern die Fremdenfei­ndlichkeit höher ist als im Westen der Republik, erklärte Gauck damit, dass sich viele mit der neuen Freiheit überforder­t fühlten. Es gebe keine „Charakterm­auer“, aber im Osten gebe es viel weniger Erfahrung mit der offenen Gesellscha­ft von Menschen unterschie­dlicher Herkunft und Religion. > Seite A 3: Interview

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