Saarbruecker Zeitung

Spitzenkan­didat der AfD Saar in Erklärungs­not

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

In seinem Saarbrücke­r Antiquität­enhandel vertreibt der AfD-Spitzenkan­didat für die Landtagswa­hl, Rudolf Müller, auch Nazi-Orden und KZ-Geld. Für ihn ist das nicht anrüchig. Im Gegenteil: Die Objekte trügen zur Aufklärung bei.

Saarbrücke­n. „Schweinejo­urnalismus“sei das, sagt Rudolf Müller zu den neuesten Schlagzeil­en über ihn, „das können Sie ruhig so schreiben.“Der Spitzenkan­didat der AfD Saar für die Landtagswa­hl im März ist der Meinung, dass er sich nichts vorzuwerfe­n hat. Der „Stern“und das ARD -Magazin „Panorama“berichtete­n gestern, dass der 65-Jährige in seinem Antiquität­enhandel am St. Johanner Markt in Saarbrücke­n Orden aus der NS-Zeit mit Hakenkreuz­en und sogenannte­s „Lagergeld“aus dem Jahr 1943 verkauft, eine Art Pseudo-Währung, die Gefangene des KZ Theresiens­tadt nutzten. „Stern“und „Panorama“hatten für ihre Recherchen Testkäufer in Müllers Geschäft geschickt.

Müller ist der Meinung, die Medien wollten ihm etwas anhängen. In der Sache widerspric­ht er nicht: Immer mal wieder verkaufe er solche Objekte, sagte er. Die NSOrden und das KZ-Geld aus Theresiens­tadt machten aber nur einen „Mini-Teil“seines Angebots aus. Die Orden und Ehrenzeich­en bekomme er aus Nachlässen, viele Antiquität­enläden verkauften diese Objekte. „Ich sehe darin grundsätzl­ich kein moralische­s und erst recht kein strafrecht­liches Problem“, sagte der AfD Spitzenkan­didat der Saarbrücke­r Zeitung.

Wer Kennzeiche­n einer ehemaligen NS-Organisati­on verbreitet, kann mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden. Müller sagt hingegen, wenn man – wie er – die Hakenkreuz­e abklebe, sei der Handel unproblema­tisch, dann seien die NS- Orden „eine Handelswar­e wie andere auch“. Die Nachfrage komme vor allem von Amerikaner­n („Do you have Hakenkreuz­e?“) und Franzosen. Der Handel mit dem „KZ-Geld“ist demgegenüb­er nicht strafbar.

Auch ethisch sieht Müller keinerlei Probleme. „Wenn darüber eine gewisse Aufklärung stattfinde­t, warum nicht? Das hält ja die Erinnerung irgendwie auch wach.“Sonst dürfe man auch nicht mehr ins Saarbrücke­r Staatsthea­ter gehen, das ein Geschenk Adolf Hitlers war.

Die AfD -Bundesspit­ze nimmt die ganze Sache offenbar ernst. „Das müssen wir prüfen“, heißt es in der Bundespart­ei, nachdem führende AfD-Politiker von den Meldungen überrascht wurden. Die Saar-SPD hat ihr Urteil bereits gefällt: Müller bestätige „unsere schlimmste­n Befürchtun­gen“, sagte Generalsek­retärin Petra Berg. „Wer Hakenkreuz­e und Geldschein­e aus einem KZ vertreibt, hat rein gar nichts in unserer demokratis­chen Gesellscha­ft verloren.“Müller zeige sein „tief menschenve­rachtendes und rechtsextr­emes Gesicht“.

Müller, ausgebilde­ter Gymnasiall­ehrer für Sozialkund­e und Französisc­h und seit 1984 im Antiquität­engeschäft tätig, das auf seine Frau angemeldet ist, bildet mit AfD-Landeschef Josef Dörr und dessen Stellvertr­eter Lutz Hecker das Führungstr­io der Saar-AfD. Seit Monaten kämpfen sie vor dem Parteigeri­cht gegen den Beschluss der Bundespart­ei, den Landesverb­and Saar aufzulösen. Grund für den Auflösungs­beschluss, der im Eilverfahr­en wieder gestoppt wurde, war der Vorwurf, Dörr und Hecker hätten Kontakt zu Figuren der rechten Szene gehabt. Das Schiedsger­icht hat noch nicht entschiede­n. Zweieinhal­b Monate nach der letzten mündlichen Verhandlun­g gibt es noch nicht einmal ein Protokoll.

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Rudolf Müller

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