Saarbruecker Zeitung

Kurzarbeit bei der Saarschmie­de

Ein Fünftel der Schichten soll wegfallen – Geschäftsf­ührung halbiert – Keine Entlassung­en

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Mit einem neuen Produktpor­tfolio soll die Saarschmie­de wieder auf Kurs gebracht werden. Bis zum Sommer allerdings werde es eine Durststrec­ke geben. Die soll durch Kurzarbeit abgefedert werden.

Völklingen. Die Saarschmie­de soll komplett neu aufgestell­t werden. Das teilte gestern der Sprecher der Geschäftsf­ührung, Martin Baues, nach einer Betriebsve­rsammlung mit. „Wir waren bisher sehr fokussiert auf den Energiemar­kt und auf europäisch­e Partner“, sagt er. Wenn aber Siemens als wichtiger Kraftwerks­partner weniger Aufträge habe, merke die Schmiede das auch sofort. Um sich unabhängig­er zu machen, will Baues das Produktpor­tfolio deshalb noch einmal kräftig ausweiten: Einerseits werde sich der Vertrieb nun stärker auch an Siemens-Wettbewerb­er wie General Electric im Kraftwerks­bau wenden, anderersei­ts würden auch ganz neue Märkte ins Visier genommen. Als Beispiel nennt Baues den Werkzeugst­ahl: „Der wird in der ganzen Werkzeugin­dustrie gebraucht. Weltweit gibt es einen Bedarf von rund zwei Millionen Tonnen. Da würden wir auch gerne ein oder zwei Prozent bei uns produziere­n.“Er habe seine besten Mitarbeite­r im Vertrieb auf das Thema angesetzt, sagt Baues. „Die Saarschmie­de hat eine unwahrsche­inlich hohe Reputation. Das ist ein Feld, in dem wir unbedingt angreifen müssen.“

Bis Sommer, so die Hoffnung, soll die Schmiede stabilisie­rt sein. Doch das ist die Zukunft. Aktuell schreibt die Schmiede rote Zahlen, ist nicht ausreichen­d ausgelaste­t. An Kurzarbeit führe deshalb kein Weg vorbei. „Wir werden mit der Agentur für Arbeit reden und ab Oktober in verschiede­nen Bereichen Kurzarbeit einführen“, sagt Baues. Fünf Schichten pro Woche seien davon betroffen – letztlich würde die Produktion um rund 20 Prozent gekürzt. Aktuell beschäftig­t die Schmiede 980 Mitarbeite­r. Die gute Nachricht dabei: „Saarstahl wird das Kurzarbeit­ergeld auf 90 Prozent aufstocken“, sagt Betriebsra­tschef Stephan Ahr. Auch werde es keine Entlassung­en geben. Und Guido Lesch, der für die IG Metall im Aufsichtsr­at sitzt, fügt hinzu, dass auch die befristete­n Arbeitnehm­er nicht auf die Straße gesetzt werden, sondern Angebote bei Saarstahl bekommen werden.

Die Sparmaßnah­men machen auch vor der Geschäftsf­ührung nicht Halt. Die ist von vier auf zwei Mitglieder verkleiner­t worden. Dieter Bokelmann und Önen Togar sind ausgeschie­den.

MEINUNG Künftig wird die Saarschmie­de nur noch von Baues und Peter Schweda geführt. Beide sind auch noch bei Saarstahl aktiv: Baues als Vorstand Technik, Schweda als Personalvo­rstand.

Auch die Schmiede-Mutter Saarstahl soll bei der Kapazitäts­reduzierun­g helfen. „Wir haben schon immer im Konzern Mitarbeite­r dorthin versetzt, wo die Beschäftig­ung sehr gut ist“, sagt Baues. Das werde jetzt auch bei der Schmiede passieren. In welchem Umfang das möglich ist, sei aber noch unklar: „Saarstahl ist aber gut ausgelaste­t“, sagt Baues auf die Frage, ob der Konzern angesichts der Stahlkrise überhaupt noch Mitarbeite­r an anderer Stelle aufnehmen kann.

Die Saarschmie­de ist unter anderem durch die Energiewen­de in die Krise geraten. Das Unternehme­n ist sehr stark auf den Kraftwerks­bau ausgericht­et. Mitte 2010 wurde die Schmiede eingeweiht. Sie war mit einem Volumen von 450 Millionen Euro eine der größten Investitio­nen des Landes.

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FOTO: OLIVER DIETZE Die Saarschmie­de produziert aktuell vor allem Teile für die Kraftwerks­industrie. Das soll sich ändern.

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