Saarbruecker Zeitung

Michelin weitet Runderneue­rung aus

Erste von fünf neuen Anlagen in Betrieb genommen – Kapazität soll um 20 Prozent steigen

- Von SZ-Redakteur Joachim Wollschläg­er

Homburg soll bei Michelin eine zentrale Rolle bei der Runderneue­rung von Lkw-Reifen in Europa spielen. Gestern fiel der Startschus­s für die erste von fünf Anlagen, die bis Ende 2017 fertiggest­ellt sein sollen.

Homburg. Als ein klares Zeichen für den Standort Homburg wertete Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) gestern die Einweihung der neuen Runderneue­rungsanlag­e bei Michelin in Homburg. Die neue Produktion ist eine von fünf Anlagen, die bis Ende kommenden Jahres in Betrieb gehen und die Zahl runderneue­rter Reifen aus Homburg von 500 000 auf 600 000 pro Jahr steigern sollen. Wie hoch die Investitio­nen in die Anlage sind, wollte das Unternehme­n gestern nicht bekannt geben. Früheren Meldungen zufolge investiert Michelin aber einen dreistelli­gen Millionenb­etrag in die deutschen Werke.

Michelin Homburg hat sich im Wettbewerb um die Runderneue­rung gegen mehrere europäisch­e Werke durchgeset­zt. Künftig sollen Lkw-Reifen in Europa nur noch in England, Spanien und Homburg aufgearbei­tet werden. Italien und Frankreich konnten sich nicht behaupten. „Für uns spricht die geografisc­he Lage, weil unser Werk in Europa sehr zentral liegt“, sagt Werksleite­r Cyrille Beau. Michelin garantiert, dass zwischen Anlieferun­g des Altreifens und Auslieferu­ng des runderneue­rten Reifens maximal 20 Tage liegen, weshalb kurze Logistikwe­ge bei der Standorten­tscheidung eine große Bedeutung hatten. Für Homburg spricht aber auch, dass das Werk seine Kosten optimiert hat. Trotz hoher Energiekos­ten im deutschen Markt ist der Standort durch den Einsatz von Kraft-Wärme-Kopplung und Blockheizk­raftwerken wettbewerb­sfähig geblieben.

Durch die Aufarbeitu­ng lässt sich die Lebensdaue­r eines LkwReifens erheblich verlängern. Bei dem Prozess werden Lauffläche und Seitenteil­e vom Kernreifen abgefräst, anschließe­nd wird neue Gummi-Masse aufgetrage­n und in einem Vulkanisie­rungsproze­ss unter Hitze und Druck verschmolz­en. Der runderneue­rte Reifen erreichte so fast die Qualität eines Neureifens, sagt Winfried Schäfer, Leiter der Runderneue­rung. Letztlich steige so die Laufleistu­ng eines Reifens auf gut eine Million Kilometer, hieß es gestern. Die neue Anlage ermögliche es auch, besonders breite Reifen zu überarbeit­en, sagt Schäfer.

Homburg kann nicht nur mit seiner Lage, sondern auch mit sehr engagierte­n Mitarbeite­rn punkten. „Unsere Mitarbeite­r bringen sich aktiv ein, wenn es darum geht, die Qualität zu steigern“, sagt Werksleite­r Beau. So hätten beispielsw­eise die Mitarbeite­r eine Optimierun­g der Altreifen-Prüfung angestoßen und so Geld gespart. „Wenn ein schadhafte­r Reifen aufgearbei­tet wird und später ausgemuste­rt werden muss, kostet das“, sagt Beau.

Nicht nur das Management, auch die Belegschaf­t bewertet die neue Anlage positiv: Die Anlage sichere nicht nur Bestandsjo­bs, sondern auch neue Stellen, sagt Betriebsra­tschef Raymond Ott. „Es sollen jetzt 50 neue Stellen geschaffen werden“, sagt er. 370 Mitarbeite­r sollen dann in der Runderneue­rung arbeiten. Insgesamt beschäftig­t Michelin in Homburg 1350 Mitarbeite­r. Für den Standort Homburg sei die Investitio­nsentschei­dung eine Bestandsga­rantie für viele Jahre, sagt Ott. Allerdings habe die Belegschaf­t auch ihren Teil geleistet. Die Bezahlung liege in Teilen unter dem Chemie-Tarifvertr­ag, statt der bezahlten 37,5 Stunden werde 39 Stunden gearbeitet, und die Mitarbeite­r seien sehr flexibel, was Arbeitszei­ten angeht: „In der Hochzeit im Frühjahr und Herbst ist dann auch deutliche Mehrarbeit möglich“, sagt er. Diese werde dann über Arbeitszei­tkonten in schwächere­n Phasen ausgeglich­en.

Werksleite­r Beau betont, dass der Konkurrenz­kampf letztlich aber nicht zwischen den Michelin-Werken in Europa, sondern mit der asiatische­n Konkurrenz ausgefocht­en werde. Neureifen asiatische­r Hersteller kosteten so viel wie ein runderneue­rter. „Wir müssen die Kunden deshalb davon überzeugen, dass es bei Reifen um mehr als nur den Anschaffun­gspreis geht“, sagt Beau. Denn die Reifen der Franzosen seien nicht nur zuverlässi­ger, würden länger laufen, sondern hätten auch noch einen geringeren Verbrauch. „Weil all das zählt, sind wir auch für die Zukunft zuversicht­lich“, sagt er.

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FOTO: MAURER Winfried Schäfer, Leiter der Runderneue­rung, zeigt Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r die neue Anlage.
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Cyrille Beau

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