Saarbruecker Zeitung

Terror-Übung nimmt Formen an

Polizei und Bundeswehr im Land bereiten sich gemeinsam auf Anschlags-Szenario vor

- Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Im März 2017 soll ein möglicher gemeinsame­r Anti-Terror-Einsatz von Bundeswehr und Polizei auch im Saarland geübt werden. Sechs Bundesländ­er tüfteln an einem komplexen Szenario. Die SPD hat Vorbehalte.

Saarbrücke­n. Trotz Bedenken des Koalitions­partners SPD macht Innenminis­ter Klaus Bouillon (CDU) bei einem möglichen Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr im Inland Nägel mit Köpfen. Gestern vereinbart­e er mit den Kommandeur­en der Luftlandeb­rigade 1 und des Landeskomm­andos der Bundeswehr, Brigadegen­eral Dirk Faust und Oberst Reinhard Felsmann, dass sich das Saarland voraussich­tlich Anfang März 2017 an einer Übung des Bundes und mehrerer Länder beteiligen wird.

Diese Übung auf Ebene der Führungsst­äbe von Polizei und Bundeswehr war zunächst – parteipoli­tisch fein austariert – von Bayern, Baden-Württember­g, Nordrhein-Westfalen und Bremen vereinbart worden. Nun werden sich auch Schleswig-Holstein und das Saarland beteiligen. Die Federführu­ng liegt beim Bundesinne­nministeri­um.

Polizei und Bundeswehr im Land würden nun „Stück für Stück miteinande­r verzahnt“, sagte Bouillon. Für nächste Woche ist ein erstes Gespräch auf Arbeitsebe­ne geplant.

Oberst Felsmann teilte der SZ gestern mit: „Für uns ist es wichtig, dass wir auf Anforderun­g

Innenminis­ter Bouillon will auch Feldjäger – hier mit Sprengstof­fspürhund – nach einem Anschlag einsetzen.

der saarländis­chen Polizei schnell reagieren können. Dazu werden wir entspreche­nde Verfahren und Abläufe in der Zusammenar­beit üben.“

Rechtlich ist der Einsatz der Bundeswehr nur unter engen Voraussetz­ungen zulässig. Der Terroransc­hlag müsste dafür laut Bundesverf­assungsger­icht ein „katastroph­isches Ausmaß“annehmen. Ab wann ein Anschlag diese Bedingung erfüllt, ist nirgends festgelegt.

Das Übungsszen­ario, das die Länder derzeit entwickeln, geht von zeitgleich­en Anschlägen in mehreren Bundesländ­ern aus. Ersten Überlegung­en zufolge könnten Attentate auf einen Flughafen, einen großen Bahnhof sowie auf Zivilgebäu­de simuliert werden, auch eine Geiselnahm­e soll es geben. Im Saarland könnte es in dem Szenario laut Bouillon darum gehen, mit Hilfe der Bundeswehr einen bevorstehe­nden Anschlag zu verhindern. „Das Szenario wird so sein, dass die Polizeikrä­fte relativ schnell erschöpft sind und dass auch andere Bundesländ­er nicht helfen können, weil alle Kontingent­e gebunden sind“, sagte er.

Die SPD im Saarland hält die ganze Diskussion für eine „Respektlos­igkeit“gegenüber der Polizei, die derartige Situatione­n selbst bewältigen könne. Die Grünen werfen Bouillon vor, mit seinem „martialisc­hen Getöse“wolle er „autoritäre Reflexe befriedige­n“. Weder brauche die Polizei die Hilfe der Bundeswehr, noch könne das Militär bei komplexen Terrorlage­n etwas beitragen, was über normale Amtshilfe und Katastroph­enschutz hinausgeht.

Laut Bouillon kämen bei einem Einsatz unter anderem Ärzte und Sanitäter aus Merzig, Luftlandep­ioniere aus Saarlouis sowie Aufklärung­skräfte aus Lebach infrage. Dass alle diese Kräfte im Saarland stationier­t sind, sei „wie ein Sechser im Lotto“, so Bouillon. Auch den Einsatz von Feldjägern hält er für möglich. Die nächste Einheit der Militärpol­izei ist allerdings erst in Mainz stationier­t. Sie sind etwa darauf spezialisi­ert, den Verkehr zu regeln sowie Gebäude und Plätze zu räumen und zu sperren.

Anders als bei der Amtshilfe – zum Beispiel bei der Flüchtling­shilfe im Jahr 2015 in Lebach – darf die Bundeswehr bei einem Einsatz ihr militärisc­hes Droh- und Einschücht­erungspote­nzial nutzen, also hoheitlich­en Zwang anwenden, weshalb die rechtliche­n Hürden dafür besonders hoch sind. In welchem Ausmaß Soldaten bei einem Einsatz im Inland Menschen tatsächlic­h zu etwas zwingen können, will Bouillon noch genauer prüfen lassen.

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FOTO: TROTZKI/BUNDESWEHR

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