Saarbruecker Zeitung

Nur mal vorsichtsh­alber: Finger weg vom Parkdeck!

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Manchmal ahnen Politiker offenbar nicht einmal, wie dünn das Eis ist, auf das sie sich durch einen kessen Spruch begeben. Vor ein paar Tagen haben gleich zwei von ihnen weit vorgewagt. „Ich gehe davon aus, dass das Parkdeck die nächsten zehn Jahre nicht überleben wird“, sagte der CDU-Stadtveror­dnete Hermann Hoffmann. Und Bezirksbür­germeister­in Christa Piper (SPD) sagte zum selben Thema: „Das gesamte Areal schreit danach, neu sortiert zu werden.“

Das Parkdeck sei 1975 eh nur als Provisoriu­m hingestell­t worden, hieß es. Was wohl so viel heißen soll wie: Eigentlich ist das Ding ja gar nicht wirklich da. Und wo nichts ist, kann leicht was anderes gemacht werden. Ein Platz mit Tiefgarage drunter zum Beispiel. Was auch immer.

Aber Vorsicht! Zum einen hatte schon der amerikanis­che Schriftste­ller Arthur Miller das Gefühl, sein Leben sei „immer noch irgendwie provisoris­ch“. Was zumindest darauf hinweist, dass es nicht verkehrt sein kann, mit Provisorie­n vorsichtig umgehen. Zum andern verstellt die Angst vor den Autofahrer­n, die man womöglich auf ih- rer Suche nach einem Platz für ihr Gefährt mit einer Tiefgarage besänftige­n kann, den Blick aufs Wesentlich­e.

Das Wesentlich­e im Parkhaus am Rathaus ist die Kebabbude im Erdgeschos­s. Auch wenn Kami, der Mann, der diese Bude zu einem Kultort gemacht hat, längst mit einem neuen Laden in die Kaiserstra­ße weitergezo­gen ist: Das Parkdeck-Kebab ist etwas, auf das wir genießende­n Saarbrücke­r an dieser Stelle noch weniger verzichten können als auf Parkplätze.

Klar, der Laden ist rein äußerlich keine Zierde. Aber sollte jemand auf die Idee kommen, ihn dem Erdboden gleich zu machen, dann sollte er vorher einen Blick in die jüngere Saarbrücke­r Stadtgesch­ichte werfen. Dort wird er die Geschichte vom Stengelhau­s gegenüber von Karstadt finden.

Dieses Haus, das die Eisdiele Jesolo beherbergt, sollte abgerissen werden, als das Rathauscar­ree gebaut wurde. Es steht immer noch. Trotz Rathausanb­au. Die Architekte­n wurden nach Druck aus der Bevölkerun­g gezwungen, um das kleine Häuschen herum zu bauen.

Nun ist die Parkdeck-Kebabbude kein barockes Kleinod. Aber sie ist eine Saarbrücke­r Kultstätte. Also: Egal, was Ihr vorhabt, liebe Stadtplane­r und Politiker und Parkhausbe­treiber: Überlegt am besten gleich am Anfang, wie Ihr um das Parkdeck-Kebab rumkommt. Denn das Wasser unterm dünnen Eis ist verdammt kalt. Vielleicht müssen wir uns aber auch keine Sorgen machen. Der oben bereits zitierte Arthur Miller hat nämlich auch mal den Verdacht geäußert, dass nichts auf dieser Welt dauerhaft ist – „nur das Provisoriu­m“.

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