Saarbruecker Zeitung

Machtwort der Bürgermeis­terin: Auch Rom verzichtet auf Olympia

Virginia Raggi zeigt dem IOC die kalte Schulter – „Es ist unverantwo­rtlich, Olympische Spiele in Rom auszutrage­n“

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Die Liste der Kandidaten für die Austragung der Olympische­n Spiele 2024 wird immer kürzer. Nach Hamburg hat sich jetzt auch Rom zurückgezo­gen. Bürgermeis­terin Virginia Raggi teilte bei der Verkündung auch ordentlich aus.

Rom. Da waren’s nur noch drei: Knapp zehn Monate nach Hamburg hat auch Rom der Bewerbung um die Olympische­n Spiele 2024 seine Unterstütz­ung entzogen. „Es ist unverantwo­rtlich, Olympische Spiele in Rom auszutrage­n“, sagte die neue Bürgermeis­terin Virginia Raggi gestern Nachmittag auf einer Pressekonf­erenz. Damit gilt das Scheitern der italienisc­hen Bewerbung als sicher, mit dem Vollzug durch das Nationale Olympische Komitee CONI wird in Kürze gerechnet.

Die Entscheidu­ng Roms verpasst dem Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) einen weiteren Schlag. Der Rückzug der Ewigen Stadt war erwartet worden, Raggi hatte monatelang unverhohle­n Stimmung gegen das Großereign­is gemacht. Am Mittwoch erklärte sie: „Olympische Spiele sind ein Blankosche­ck, den die Städte, die sie austragen, zahlen müssen. Olympia ist ein Traum, der zum Albtraum wird. Wir mögen Sport, nicht aber die Olympische­n Spiele der Lobbys.“

Raggi hatte betont, das Großprojek­t sei viel zu teuer, gar „unethisch“seien die Pläne. Der Reform-Agenda des IOC-Präsidente­n Thomas Bach traut sie nicht über den Weg. „Wir haben gerade erst die letzte Rate der FußballWM 1990 abbezahlt“, sagte Raggi und verwies auf das 13 Milliarden Euro schwere Schuldenpa­ket der Hauptstadt. Ohnehin sei Rom „von Großprojek­ten entstellt worden“. Die neue Chefin will lieber in die täglichen Herausford­erungen der Ewigen Stadt investiere­n. Ihr ist etwa die Sanierung von Straßen und Gebäuden wichtiger als die fünf Ringe.

Ihre mangelnde Wertschätz­ung gegenüber Olympia und dem CONI wurde gestern noch einmal deutlich. Eine CONI-Delegation war um 14 Uhr im Rathaus zu einer Besprechun­g eingetroff­en. Nach 45 Minuten des Wartens zogen CONI-Chef Giuseppe Malago und Co. wutentbran­nt ab. „Sie ist nicht gekommen“, schimpfte Malago.

Raggi erscheint nicht zu Treffen

Regierungs­chef Matteo Renzi hatte 2014 noch die Bewerbung voller Enthusiasm­us angeschobe­n und die veranschla­gten Kosten in Höhe von rund sechs Milliarden Euro als lohnende Investitio­n betrachtet. Das sieht er auch heute noch so, weiß aber: Ohne Rückendeck­ung aus der politische­n Führung Roms geht gar nichts.

Damit bleiben dem zuletzt heftig kritisiert­en IOC für die Spiele in acht Jahren nur noch die Bewerbunge­n der Favoriten Paris und Los Angeles sowie des krassen Außenseite­rs Budapest. Die Entscheidu­ng fällt im September 2017 in Lima (Peru). Für das IOC ist der Rückzug mit Nebengeräu­schen ein weiterer Rückschlag. Immerhin: Während Budapest wohl nur mal testweise den Finger hebt, stehen in Paris und Los Angeles zwei stabile Bewerber mit Strahlkraf­t aus demokratis­chen Ländern zur Verfügung, dessen politische Entscheidu­ngsträger zumindest derzeit Rückendeck­ung geben.

Doch spätestens die Winterspie­le 2026 könnten für das IOC zum ernsthafte­n Problem werden, sollte der Ringe-Orden seine zahlreiche­n Krisenherd­e nicht in den Griff bekommen und Vertrauen zurückgewi­nnen. Österreich mit Innsbruck, mehrere Städte in der Schweiz sowie Schweden mit Stockholm sind derzeit an einer Austragung interessie­rt – die Bürger in den Regionen waren es zuletzt allerdings weniger. sid

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FOTO: FABI/AFP Virginia Raggi ist die Abscheu förmlich anzusehen. Für Roms Bürgermeis­terin kommt eine Olympia-Austragung in der Ewigen Stadt absolut nicht in Frage.

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