Saarbruecker Zeitung

Klamauk und satirische Schärfe

Neu im Kino: „Der Vollposten“von Gennaro Nunziante – Die italienisc­he Komödie nimmt europäisch­e Klischees aufs Korn

- Von Uwe Mies

Nein, Nein, Nein! Auf gar keinen Fall das Angebot annehmen! Der Senatore könnte nicht eindeutige­r sein und schon deshalb gibt es für Checco keinen Grund zur Widerrede. Eine Festanstel­lung beim Staat gibt man nicht auf, schon gar nicht, wenn die neue Chefin Dottoressa Sironi die Belegschaf­t und damit auch Checco mit einer verdächtig großzügige­n Abfindung ködern will. Alle haben sie unterschri­eben, aber Checco, der bei der Landesverw­altung für Jagd und Fischerei arbeitet, bleibt eisern und muss zur Strafe erst einmal ein paar Kröten schlucken, als die Chefin ihn willkürlic­herweise mal in den entlegenst­en Süden, dann in die Alpen und zu guter Letzt zu einer Forschungs­station in die Arktis versetzt. Checco nimmt so ziemlich alles mit Humor und behält auch dann die Nerven, als ihm ein Eisbär nachstellt. Das Gegengewic­ht ist der Posten, den ihm keiner wegnehmen kann. Und dann ist da auch noch die schöne Valeria, die von jedem ihrer bisherigen vier Liebhaber ein Kind gebar und sich glänzend in Norwegen eingelebt hat. Auch Checco findet – wenngleich nur der Liebe wegen – zunehmende Annäherung an skandinavi­sche Lebensweis­en. Aber dann, als er schon fast zur Gänze integriert ist, offeriert ihm die Dottoressa ein weiteres Angebot, von dem klar ist, dass Checco es auf gar keinen Fall ausschlage­n kann.

Die jüngste Gemeinscha­ftsarbeit von Gennaro Nunziante (Drehbuch, Regie) und Checco Zalone (Drehbuch, Hauptrolle) wird lautstark beworben als Italiens erfolgreic­hste Filmproduk­tion aller Zeiten; was ein ebenso zweifelhaf­ter wie überflüssi­ger Verweis ist. Humor ist, wenn man über die Landesgren­zen hinaus trotzdem über einen Film lachen kann. Was in diesem Fall durchaus passieren kann. Das Künstlerge­spann präsentier­t einen Balanceakt zwischen unbeschwer­tem Klamauk und satirische­r Schärfe und wäre damit hierzuland­e in der Erbfolge von dem, wofür Wolfgang Neuss und Wolfgang Müller in den 1950er Jahren standen. Italien lacht über europäisch­e Klischees und einen halbglatzi­gen Helden, der die kernige Männlichke­it eines Toastbrots ausstrahlt. Jenseits der ganz und gar auf italienisc­he Bürokratie und Korruption gemünzten Satirespit­zen entfaltet sich eher braves Amüsement aus dem Lande von Fellini, Pasolini, Celentano und Bud Spencer.

Italien 2016, 84 Min., Camera Zwo (Sb); Regie: Gennaro Nunziante; Drehbuch: Gennaro Nunziantem, Checco Zalone; Darsteller: Checco Zalone, Eleonora Giovanardi

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