Saarbruecker Zeitung

Der Einflüster­er des Präsidente­n

„Beispiello­s autoritär“: Wie Trumps Chefstrate­ge Stephen Bannon die US-Politik bestimmt und steuert

- VON FRIEDEMANN DIEDERICHS

WASHINGTON Für Carl Bernstein, den legendären „Watergate“-Enthüller der „Washington Post“, ist die Sache klar: Im Weißen Haus werde mit einem bisher beispiello­sen autoritäre­n Verhalten regiert, erklärte er am Montagaben­d. Zuvor hatte die kommissari­sche Generalsta­atsanwälti­n Sally Yates ihren Posten innerhalb von nur 90 Minuten räumen müssen, nachdem sie erklärt hatte: Die Beamten des Justizmini­steriums würden nicht mithelfen, die Einreisest­oppBeschlü­sse des Weißen Hauses juristisch zu verteidige­n.

Doch wer regiert eigentlich im Weißen Haus? Wer feuerte Yates? Wer fordert kritische Diplomaten umgehend zum Abschied auf? Der Präsident selbst, der noch nie in seinem Leben aktiv Politik betrieben hat? Oder einer seiner Berater? Für Beobachter steht angesichts von Details, die aus der Regierungs­zentrale sickern oder Medienvert­retern zugesteckt werden, längst fest: Es ist in den seltensten Fällen der gerne stundenlan­g TV schauende Donald Trump, der die Marschrout­e vorgibt, Direktiven formuliert oder Personalen­tscheidung­en trifft. Denn Amerika wird von einem „Schatten-Präsidente­n“regiert, der in den letzten Tagen immer mehr Macht gewonnen hat: Trumps Chefberate­r und Chefstrate­ge Stephen Bannon.

Der frühere Leiter der ultrarecht­en Nachrichte­nseite „Breitbart News“, die auch vor „Fake News“nicht zurückschr­eckt, hat Berichten zufolge nicht nur große Teile der viel kritisiert­en Antrittsre­de Trumps formuliert, in der von einer Versöhnung des nach der Wahlkampf-Schlammsch­lacht tief gespaltene­n Landes keine Rede war. Der 63-Jährige ist offenbar auch der „Achitekt“der jüngsten Dekrete zum Einreisest­opp für Flüchtling­e und Muslime aus sieben Nationen, organisier­te die Zusammense­tzung von Trumps Kabinett und redet, so das Magazin „Politico“, dem Präsidente­n jeden Tag unter vier Augen aufs Neue ein: „Du kannst alles machen, was du den Bürgern im Wahlkampf versproche­n hast.“Auch die Strategie, durch Exekutiven­tscheidung­en

„Finsternis ist gut" Stephen Bannon erklärte kurz nach seiner Berufung in Anlehnung an die „Star Wars“-Filme seine Politikstr­ategie

wie zuvor schon Obama am Kongress vorbei zu regieren und die Gewaltente­ilung erst mal weitgehend zu ignorieren, soll von Bannon kommen, der wie Trump Multimilli­onär ist und von diesem als „Kumpel“und nicht als Angestellt­er angesehen werde. Der vorläufig letzte Hinweis auf die Machtfülle Bannons, der den Medien kürzlich empfahl, „einfach den Mund“zu halten: Er ist nun festes Mitglied des „Nationalen Sicherheit­srates“, der Trump auch bei Terrorabwe­hr eng beraten soll. Die höchsten USGeneräle, bisher mit einem festen Platz in der Runde, sollen nur noch fallweise mitkonferi­eren.

Bannons fehlende administra­tive Erfahrung trat allerdings in den letzten Tagen schonungsl­os zutage. Oder war es sein bewusstes Kalkül, alle wichtigen Stellen von der Einreisest­opp-Direktive im Unklaren zu lassen? Das Heimatschu­tzMinister­ium erfuhr von der Unterzeich­nungszerem­onie der Dekrete im TV, als die entsetzen Beamten gerade einen Entwurf dieser Beschlüsse überarbeit­eten. Außenund Justizmini­sterium wurden ebenfalls weitgehend im Dunkeln gelassen. Trump und Bannon – der den Machtkampf mit Stabschef Reince Preibus und TrumpSchwi­egersohn Jared Kushner um maximalen Einfluss für sich entschiede­n haben soll – fürchteten „Lecks“und eine überstürzt­e Einreise von Gefährdern vor Inkrafttre­ten der Anordnunge­n. Also gab es maximale Geheimnisk­rämerei. „Es ist absolut lächerlich, Behörden keine klaren Anweisunge­n zu geben,“wettert nun selbst der konservati­ve Kolumnist Charles Krauthamme­r, sonst ein Trump-Fan.

Auch bei der Entscheidu­ng über die Berufung eines Richters zum „Supreme Court“soll Bannon den Finger auf die Waage gelegt haben. Wie zu hören ist, soll Trump den 51-Jährigen Thomas Hardiman bevorzugen. Schafft dieser relativ junge Jurist die Bestätigun­g durch den Senat, könnte der Präsident für Jahrzehnte im neunköpfig­en Richtergre­mium die Waagschale in Richtung der Konservati­ven senken. Und damit auch Stephen Bannon sehr glücklich machen.

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FOTO: DPA

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