Saarbruecker Zeitung

Neue SZ-Serie: Saarländer im Profi-Fußball

SERIE SAARLÄNDER IM PROFI-FUSSBALL, TEIL 1 Florian Müller aus Lebach spielt beim FSV Mainz 05. Trainer Martin Schmidt bescheinig­t dem 19-Jährigen ein „Riesenpote­nzial“.

- VON TOBIAS FUCHS

MAINZ Es gibt die zwei Zeiten des Florian Müller. In der einen hat ein Jahr meist 365 Tage. Die andere Zeit ist schwer berechenba­r. Noch im Dezember sagte Martin Schmidt, sein Trainer beim Fußball-Bundesligi­sten FSV Mainz 05, er traue Müller „in den nächsten zwei, drei Jahren“die erste Liga zu. Im Januar bescheinig­te Schmidt dem Nachwuchst­orwart ein „Riesenpote­nzial und die Perspektiv­e, in den nächsten eineinhalb, zwei Jahren zum Bundesliga-Spieler zu reifen“. Eineinhalb statt zwei Jahre: Innerhalb weniger Tage war in der Zeitrechnu­ng von Müllers Karriere offenbar ein halbes Jahr vergangen.

Mit 19 Jahren hütet der Lebacher längst das Tor der U 23 von Mainz 05 in der 3. Liga. Auch in der deutschen U 20-Nationalma­nnschaft war er zuletzt gesetzt. Am 22. März trifft die Auswahl in Elversberg auf die Schweiz.

Beim FV Lebach fing für Müller alles an, „mit drei oder vier Jahren“. Einer seiner Trainer: Christoph Mees. Für den 1. FC Saarbrü- cken spielte Mees in der 2. Liga. Den Kindern erzählte er darüber wenig. „Aber er hat den harten Ton des Profi-Fußballs durchkling­en lassen“, erinnert sich Müller.

Auf die Torwartpos­ition legte sich Müller mit zwölf fest. Gegen den Willen seines Vaters, der ihm sagte: „Geh’ nicht ins Tor, das ist ein undankbare­r Job.“Volker Müller sprach aus Erfahrung. „Ich habe fast 20 Jahre in Lebach gespielt“, erzählt er. Natürlich war Volker Müller selbst Torwart, wie schon sein Vater. Und sein Bruder Georg, lange Schlussman­n des FC Homburg. Georg Müller sagt im Spaß, aber hörbar stolz: „Die Müllers sind eine Torwart-Dynastie.“Nun in der dritten Generation.

Als die Grundschul­e zu Ende ging, hatte Florian Müller ein Ziel: das Gymnasium am Rotenbühl in Saarbrücke­n, eine anerkannte Eliteschul­e des Sports. „Er hat damals ganz klar gesagt, er will das“, berichtet sein Vater. Zur Schule brauchte Müller über eine Stunde. Um sechs Uhr früh fuhr sein Bus.

Wer am Rotenbühl gefördert werden will, muss einen Aufnahmete­st bestehen. Der Junge aus Lebach gehörte zu den fünf Besten – von 49 Grundschül­ern. Das hat Lothar Altmeyer nicht vergessen. Schnell sucht der Leiter des Sportzweig­s der Schule Statistike­n von damals heraus. Details darf er nicht nennen. Datenschut­z. Was Altmeyer sagen darf: „Er war hier ein herausrage­nder Sportler.“

Nach der D-Jugend wechselte Müller zum 1. FC Saarbrücke­n. Nun ging alles schnell: Mit den U 15-Junioren des Saarländis­chen Fußball-Verbandes (SFV) glänzte er im Juli 2012 beim Sichtungst­urnier des Deutschen Fußball-Bundes in Duisburg, vor etlichen Beobachter­n und Managern. „Das ist mittlerwei­le wie eine Transferbö­rse“, erklärt SFV-Trainer Christian Oles. Das Saarland werde gerne beobachtet, weil die Spieler vertraglic­h meist nicht gebunden seien. Fördervert­räge mit Jugendlich­en darf nur abschließe­n, wer ein Nachwuchsl­eistungsze­ntrum betreibt. Das tut in der Region nur die SV Elversberg – seit 2015. Altmeyer sagt: „Leider Gottes sind die besten Schüler weggegange­n, in Nachwuchsl­eistungsze­ntren.“

Auch bei Müller war das absehbar. Doch plötzlich schien seine Zeit stillzuste­hen. Das Torwarttal­ent brach sich im April 2013 den linken Unterarm, zwei Wochen vor dem nächsten Schaulaufe­n in Duisburg. Am Rande des Turniers sollte über einen Vereinswec­hsel entschiede­n werden. Die Gespräche waren vereinbart, mehrere Proficlubs interessie­rt. Doch mit der Verletzung änderte sich das. Mainz und der 1. FC Kaiserslau­tern wollten Müller weiterhin, andere Vereine warteten ab.

Volker Müller erlebte seinen Sohn im Krankenhau­s niedergesc­hlagen, kurz nach der Entlassung aber wieder ehrgeizig: Nur sechs Wochen nach der Verletzung wollte er zurück ins Tor. Die U 17 des 1. FC Saarbrücke­n spielte gegen den FSV Frankfurt um den Aufstieg in die Bundesliga. Im Hinspiel pausierte Müller noch, in Frankfurt stand er wieder auf dem Platz. Es war sein Abschiedss­piel. Er hatte Mainz zugesagt.

„Ich bin dem Profi-Fußball einen Schritt näher gekommen, aber immer noch weit entfernt gewesen“, blickt Müller zurück. 2015 erhielt er einen Vierjahres­vertrag. Heute ist der 19-Jährige sehr nah dran an den Profis. Unter der Woche trainiert er mit der Bundesliga-Mannschaft von Mainz 05, unmittelba­r vor und nach den Spieltagen bei der U 23. Dass Trainer Martin Schmidt ihn so lobt, ist Müller nicht entgangen: „Jeder liest, was öffentlich über einen gesagt wird. Man nimmt das an, darf sich aber nicht darauf ausruhen. Ich sehe es als Anreiz.“

Vor der Saison verließ Loris Karius den FSV Mainz 05. Der Stammtorwa­rt wechselte zum großen FC Liverpool. Zuletzt löste Mainz den Vertrag mit Ersatzmann Gianluca Curci auf. Damit rückte Müller zum dritten Torhüter auf. Wann er in der Bundesliga auflaufen wird? Er gibt sich branchenüb­lich zurückhalt­end: „Das ist schwer einzuschät­zen, man muss immer bereit sein.“Alles eine Frage der Zeit.

 ?? FOTO: IMAGO ?? Torwart Florian Müller wechselte als Jugendlich­er zum Fußball-Bundesligi­sten FSV Mainz 05. Heute spielt der Saarländer mit der U 23 in der 3. Liga – bald könnte es die Bundesliga sein.
FOTO: IMAGO Torwart Florian Müller wechselte als Jugendlich­er zum Fußball-Bundesligi­sten FSV Mainz 05. Heute spielt der Saarländer mit der U 23 in der 3. Liga – bald könnte es die Bundesliga sein.

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