Melancholische Melodien
Musik, die Ruhe und Zuversicht vermittelt: Balsam für die Seele gibt’s von Serafyn, Lowly und Elena Setien
Das Bedürfnis nach akustischen Möglichkeiten des Wutabbaus mittels härterer und rotzigerer Rock-Spielarten wird in diesen hektischen und politisch so beunruhigenden Zeiten weiter zunehmen – jenes nach Ruhe und Zuversicht aber auch… Letzteres bedienen diese drei im Folgenden beschriebenen Alben jedenfalls ganz vorzüglich.
Serafyn sind ein FolkQuintett aus der Schweiz. Mit zwei Celli, Gitarre, Kontrabass, Vibraphon, Schlagwerk und der überragend schönen, klaren und starken Stimme von Sängerin Anna Erhard gelingt ihnen unter der Produzenten-Aufsicht von Pola Roy (Wir Sind Helden) ein Song-Reigen zum hemmungslosen Mitdriften und Kräfte sammeln. Nur ganz selten (wie im TitleTrack „Foam“) bricht sich so etwas wie Wut Bahn, in der Regel bleibt die Atmosphäre melancholisch – können Celli überhaupt anders ? – mit einem Hoffnung spendenden Silberstreif am Horizont. Letzterer wird erzeugt durch das helle Saiten-Picking, einem dezent nach vorne spielenden Bass-Puls sowie wohl dosiertem PercussionGeklimper. Und Erhards Gesang gemahnt mit seiner Wärme und Beseeltheit an Margo Timmins von den Cowboy Junkies. So ist „FOAM“(Radicalis/Soulfood ) im Ergebnis alles andere als ein tiefer Seufzer, eher ein genüssliches Schwelgen.
Auch Lowly wollen nicht in Resignation verfallen und empfehlen „Prepare The Lake“, „Look At The Sun“oder huldigen morgendlicher Unschuld („Mornings“). Trotz oder gerade wegen all der „Stubborn Days“… Für diese Dänen ähnelt Musikmachen der Malerei. Zudem hat eine breite Stil-Palette große Bedeutung, was sich ja allein schon aus einer gänzlich unterschiedlichen musikalischen Prägung aller Beteiligten herleiten lässt. Als Schnittmenge darf für „Heba“(Bella Union/Cooperative
) dennoch gerne der Begriff „Shoegaze“Verwendung finden, wahlweise auch: „Noise-Pop and everything inbetween“– wie die Band das selbst bevorzugt formuliert.
Die hypnotisierende Eröffnung „Still Life“(noch so ein Hoffnungs-Appell!) gemahnt schon mal ganz köstlich an die Genre-Ikonen Beach House. Besser wird’s zwar im weiteren Verlauf von „Heba“nicht mehr, doch hält der Bann mittels dichter, sich in großer Ruhe und Intensität entfaltender und magisch kreiselnder Songs verlässlich bis zum letzten Ton.
Das Cover demonstriert es unzweifelhaft: das bunteste und vielfältigste Werk dieses kleinen Specials kommt von Elena Setien, einer Singer/ Songwriterin, Pianistin und Geigerin, deren Lebenslauf von Klassik über Jazz bis zu Avantgarde-Pop und von Spanien über Kopenhagen und weiteren Stationen zurück in ihre baskische Heimat führte. Was sich eben mühelos auch im Repertoire von „Dreaming Of Earthly Things“(Yellowbird/Soulfood ) wiederfindet.
Setien beherrscht den schmeichelnden Ton genauso wie die aufreibende Inszenierung. „Pretty Sharks“, „Dream & Nightmare“oder „Jigsaw Puzzles“greifen diese spannende Dialektik bereits mit ihren Songtiteln auf. Mit Mikel Azpiroz (Klavier, Hammond-Orgel, Moog Synthesizer, E-Gitarre) und Schlagzeuger Karlos Arancegui hat sie Brüder im Geiste an ihrer Seite, Musiker, welche die zahlreichen Einflüsse sicher tragen und auf konzise Songs fokussieren. Trotzdem bleibt das Ganze stets abenteuerlich verspielt.
JASS „Mix Of Sun And Clouds“(Yolk Music): Dass JASS im Jazz beheimatet sind ist ja durchaus zu erahnen… Ausgestattet mit Saxophon, Posaune, Bass und Schlagzeug durchpflügt der Vierer tatsächlich die Natur des Jazz – was auf dem Cover augenzwinkernd mit zwei Gießkannen, einem Rechen sowie einem Schlauch dargestellt wird. Nun gut, wie sieht es aber um das musikalische Äquivalent aus? Gar nicht übel. Denn: Prima Unterhaltung bietet der Reigen allemal, Inszenierung und Spontaneität stehen im konstruktiven Dialog, die unzweifelhafte Virtuosität kommt ohne Eitelkeit aus, ein entfesselter Freigeist tanzt durch alle Stücke. Doch so sehr diese sich auch gegen eine Kategorisierung sperren: es steckt schon enorm viel
Free Jazz drin…