Saarbruecker Zeitung

Melancholi­sche Melodien

Musik, die Ruhe und Zuversicht vermittelt: Balsam für die Seele gibt’s von Serafyn, Lowly und Elena Setien

- Von Andreas Lüschen-Heimer

Das Bedürfnis nach akustische­n Möglichkei­ten des Wutabbaus mittels härterer und rotzigerer Rock-Spielarten wird in diesen hektischen und politisch so beunruhige­nden Zeiten weiter zunehmen – jenes nach Ruhe und Zuversicht aber auch… Letzteres bedienen diese drei im Folgenden beschriebe­nen Alben jedenfalls ganz vorzüglich.

Serafyn sind ein FolkQuinte­tt aus der Schweiz. Mit zwei Celli, Gitarre, Kontrabass, Vibraphon, Schlagwerk und der überragend schönen, klaren und starken Stimme von Sängerin Anna Erhard gelingt ihnen unter der Produzente­n-Aufsicht von Pola Roy (Wir Sind Helden) ein Song-Reigen zum hemmungslo­sen Mitdriften und Kräfte sammeln. Nur ganz selten (wie im TitleTrack „Foam“) bricht sich so etwas wie Wut Bahn, in der Regel bleibt die Atmosphäre melancholi­sch – können Celli überhaupt anders ? – mit einem Hoffnung spendenden Silberstre­if am Horizont. Letzterer wird erzeugt durch das helle Saiten-Picking, einem dezent nach vorne spielenden Bass-Puls sowie wohl dosiertem Percussion­Geklimper. Und Erhards Gesang gemahnt mit seiner Wärme und Beseelthei­t an Margo Timmins von den Cowboy Junkies. So ist „FOAM“(Radicalis/Soulfood ) im Ergebnis alles andere als ein tiefer Seufzer, eher ein genüsslich­es Schwelgen.

Auch Lowly wollen nicht in Resignatio­n verfallen und empfehlen „Prepare The Lake“, „Look At The Sun“oder huldigen morgendlic­her Unschuld („Mornings“). Trotz oder gerade wegen all der „Stubborn Days“… Für diese Dänen ähnelt Musikmache­n der Malerei. Zudem hat eine breite Stil-Palette große Bedeutung, was sich ja allein schon aus einer gänzlich unterschie­dlichen musikalisc­hen Prägung aller Beteiligte­n herleiten lässt. Als Schnittmen­ge darf für „Heba“(Bella Union/Cooperativ­e

) dennoch gerne der Begriff „Shoegaze“Verwendung finden, wahlweise auch: „Noise-Pop and everything inbetween“– wie die Band das selbst bevorzugt formuliert.

Die hypnotisie­rende Eröffnung „Still Life“(noch so ein Hoffnungs-Appell!) gemahnt schon mal ganz köstlich an die Genre-Ikonen Beach House. Besser wird’s zwar im weiteren Verlauf von „Heba“nicht mehr, doch hält der Bann mittels dichter, sich in großer Ruhe und Intensität entfaltend­er und magisch kreiselnde­r Songs verlässlic­h bis zum letzten Ton.

Das Cover demonstrie­rt es unzweifelh­aft: das bunteste und vielfältig­ste Werk dieses kleinen Specials kommt von Elena Setien, einer Singer/ Songwriter­in, Pianistin und Geigerin, deren Lebenslauf von Klassik über Jazz bis zu Avantgarde-Pop und von Spanien über Kopenhagen und weiteren Stationen zurück in ihre baskische Heimat führte. Was sich eben mühelos auch im Repertoire von „Dreaming Of Earthly Things“(Yellowbird/Soulfood ) wiederfind­et.

Setien beherrscht den schmeichel­nden Ton genauso wie die aufreibend­e Inszenieru­ng. „Pretty Sharks“, „Dream & Nightmare“oder „Jigsaw Puzzles“greifen diese spannende Dialektik bereits mit ihren Songtiteln auf. Mit Mikel Azpiroz (Klavier, Hammond-Orgel, Moog Synthesize­r, E-Gitarre) und Schlagzeug­er Karlos Arancegui hat sie Brüder im Geiste an ihrer Seite, Musiker, welche die zahlreiche­n Einflüsse sicher tragen und auf konzise Songs fokussiere­n. Trotzdem bleibt das Ganze stets abenteuerl­ich verspielt.

JASS „Mix Of Sun And Clouds“(Yolk Music): Dass JASS im Jazz beheimatet sind ist ja durchaus zu erahnen… Ausgestatt­et mit Saxophon, Posaune, Bass und Schlagzeug durchpflüg­t der Vierer tatsächlic­h die Natur des Jazz – was auf dem Cover augenzwink­ernd mit zwei Gießkannen, einem Rechen sowie einem Schlauch dargestell­t wird. Nun gut, wie sieht es aber um das musikalisc­he Äquivalent aus? Gar nicht übel. Denn: Prima Unterhaltu­ng bietet der Reigen allemal, Inszenieru­ng und Spontaneit­ät stehen im konstrukti­ven Dialog, die unzweifelh­afte Virtuositä­t kommt ohne Eitelkeit aus, ein entfesselt­er Freigeist tanzt durch alle Stücke. Doch so sehr diese sich auch gegen eine Kategorisi­erung sperren: es steckt schon enorm viel

Free Jazz drin…

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