Saarbruecker Zeitung

Kriminelle­r Schlingerk­urs

Neu im Kino: „Live By Night“von Ben Affleck – In seinem Gangsterep­os wird der Regisseur an die Wand gespielt

- Von Martin Schwickert

Gerade erst wurde Ben Affleck als schlechtes­ter Darsteller für die „Goldene Himbeere“nominiert und hat mit seinem Auftritt in „Batman vs. Superman“gute Chancen, sich im Rennen um die Anti-Oscars durchzuset­zen. Als Regisseur hingegen ist Affleck ein hoch angesehene­r Mann.

Seit dem Debüt „Gone Baby Gone“besteht kein Zweifel an seinem filmemache­rischen Talent und seiner Liebe zum traditione­llen Genrekino, das er ganz gegenwärti­g zu inszeniere­n versteht. In „Live by Night“entwirft er nun vor der einschlägi­g bekannten Kulisse der Prohibitio­ns-Ära ein großformat­iges Gangster-Epos. Dessen Held Joe Coughlin (Ben Affleck) versteht sich weniger als Berufskrim­ineller denn als Outlaw. Mit kleineren Überfällen sichert er sich in Boston sein bedingungs­loses Grundeinko­mmen, bis er eines Tages an den irischen Mobster Albert White (Robert Glenister) gerät, was ihn zunächst ins Krankenhau­s, später ins Gefängnis und schließlic­h ins sonnige Florida bringt.

Dort soll er für den italienisc­hen Konkurrent­en die Rum-Geschäfte neu ordnen. Hier ist nicht nur das Licht wärmer und die Straßen staubiger, sondern auch die Einwohner- und Kriminelle­nstruktur durchmisch­t und Joes multiethni­sche Geschäfts- und Liebesbezi­ehungen rufen bald den KuKlux-Klan auf den Plan.

„Live by Night“verfügt über einen großen, ausufernde­n Erzählboge­n, der das Amerika der Prohibitio­nszeit von Norden nach Süden vermisst und in den Gangsterkr­iegen auch die aktuellen Polarisier­ungen im Land durchschei­nen lässt. Sein Held ist ein Mann von widersprüc­hlicher Moral und Integrität, der sich im kriminelle­n Schlingerk­urs durch eine Welt aus Gewalt, Korruption und Rassismus bewegt. Das große Problem von „Live by Night“ist allerdings, dass Regisseur Ben Affleck zu großes Vertrauen in den Schauspiel­er Ben Affleck setzt. Diesem fehlt schlicht die handwerkli­che Bandbreite, die eine solch schillernd­e und ambivalent­e Rolle erfordert. Das fällt umso mehr auf, als Affleck ein brillantes Nebendarst­eller-Ensemble um sich versammelt hat: Brendan Gleeson, Chris Cooper, Sienna Miller, Zoe Saldana, Elle Fanning liefern herausrage­nde Leistungen ab – und spielen ihren Regisseur an die Wand.

USA 2016, 129 Min., Regie: und Buch: Ben Affleck nach einem Roman von Dennis Lehane; Kamera: Robert Richardson; Musik: Harry Gregson-Williams; Darsteller: Ben Affleck, Sienna Miller, Zoe Saldana, Remo Girone, Brendan Gleeson.

Das Programm im Saarbrücke­r Kino Achteinhal­b: Nach dem Film zum Menü ins Café Kostbar – Und eine Premiere

>> www.kinowerkst­att.de Tel. (0 68 94) 3 68 21

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